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312 Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen
Die genealogia Albina, eine wohlhabende Familie aus dem südlich von Salzburg
gelegenen Oberalm, hatte viele Mitglieder mit romanischem Namen. Andere hin-
gegen trugen auch schon germanische Namen, wie etwa ein Uurmhari.72 Dass
Orte, deren Namen auf deutschsprachige Grundherren weisen, nicht unbedingt
automatisch von einer deutschsprachigen Bevölkerung bewohnt wurden, zeigen
Urkunden, die Einwohner mit romanischen Wurzeln – barscalci – in genau solchen
Orten erwähnen. 73
In diesem Kontext kommt es noch vor der Erhebung Salzburgs zum Bischofs-
sitz und offenbar fast zeitgleich mit der Aufwertung Salzburgs als kirchlicher
Zentralort an einer wichtigen Route über die Tauern zur Gründung der Ma-
ximilianzelle im heutigen Bischofshofen.74 Dazu existieren zwei Quellen : die
sogenannte Notitia Arnonis und die Breves Notitiae, hier zur Vereinfachung mit
NA und BN abgekürzt. Die Forschung datiert die NA vor den BN, ein Faktor,
der gemeinsam mit der unterschiedlichen Intention den feinen Unterschieden
zwischen den Texten eine gewisse Bedeutung zuweist.75 Die genaue Datierung
der Schriften bleibt Diskussionsstoff. Sicher ist nur : Beide Texte wurden nach
788, dem Jahr von Tassilos Sturz durch Karl den Großen, abgefasst. Die NA
wurde wohl kurz nach diesem Ereignis als Zusammenfassung alter Urkunden
über den Besitzstand der Salzburger Kirche aufgezeichnet. Einerseits ging es
darum, basierend auf den alten Aufzeichnungen den aktuellen Besitzstand für
die neue Herrschaft festzuhalten. Andererseits wurden alte Urkunden so zusam-
mengefasst und ergänzt, dass die Argumente Salzburgs bezüglich umstrittenen
Besitzes vor dem Kaiser besser zu Geltung kamen. Denn auch der Adel ver-
suchte die Gunst der Stunde zu nützen.76 Als nun Salzburg unter Bischof Arn
798 Erzbistum wurde, kam es vermutlich zur Abfassung der BN. Der Zeitpunkt
der Abfassung wird zwischen 798 und 814 angenommen, manchmal sogar noch
später.77 In den BN wird, im Gegensatz zur NA, das Wirken des Heiligen Rupert
verstärkt hervorgehoben, denn die Vorrangstellung des Erzbistums Salzburg vor
den anderen Bistümern Baierns war noch nicht gefestigt und sollte daher unter-
strichen werden.78 Auch bei der Aufzählung der Güter selbst, dem Aufbau des
72 NA 8.4.
73 Wolfram, Salzburg, Bayern, Österreich 251.
74 Rupert war zwar ein Bischof, aber nicht der Salzburgs. Jahn, Ducatus 65 ; Wolfram, Salzburg, Bayern,
Österreich 236.
75 Lošek, Notitia Arnonis und Breves Notitiae 12.
76 Wolfram, Salzburg, Bayern, Österreich 207 f.; Lošek, Notitia Arnonis und Breves Notitiae 33.
77 Lošek, Notitia Arnonis und Breves Notitiae 33 ff.
78 Wolfram, Grenzen und Räume 173, 175.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361