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I.1 Forschungsstand und Erkenntnisinteresse
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ten Parteien eingebettet waren. Obwohl diese Publikationen nicht wenige Korporierte
als handelnde Personen zeigen , beziehen sie das Kriterium der Verbindungsmitglied-
schaft nicht systematisch in ihre Analysen ein und können daher auch kaum rele-
vante Aussagen über die Korporationen treffen. Für die Rechtsextremismusforschung
ist v. a. auf das Fehlen von über die Artikelform hinausreichenden Arbeiten hinzuwei-
sen – ein Umstand , der als symptomatisch für die ( auch ) in Österreich prekäre Lage
des Forschungsstranges überhaupt zu werten ist. Wiederkehrende Wellen journalisti-
scher Publikationen , die politischen Konjunkturen folgen12 , können kaum kompensie-
ren , dass einschlägigen Phänomenen in Österreich inner- und außeruniversitär wenig
kontinuierliche Beachtung zuteil wird , sieht man von der Arbeit des Dokumentations-
archivs des Österreichischen Widerstandes ( DÖW ) ab.
Ein besonderes Manko der bisherigen kritisch-wissenschaftlichen Auseinanderset-
zung mit dem völkischen Verbindungswesen Österreichs nach 1945 stellt die meist
äußerst spärliche Quellengrundlage der vorliegenden Arbeiten dar , wie der Landsmann-
schafter Stefan Hug zu Recht konstatiert.13 Insbesondere eigenständige Archivrecher-
che wurde bislang kaum geleistet , was zu einem bedeutenden Teil auf die Schwierigkeit
( zumal für Außenstehende ) zurückzuführen ist , Zugang zu verbindungsstudentischen
Archiven zu erhalten ( vgl. Abschnitt I.4.1 ). Diese Schwierigkeit ist wesentlich dafür
verantwortlich , dass die vorliegende Literatur zu völkischen Studentenverbindungen in
Österreich von affirmativen bis apologetischen Selbstdarstellungen dominiert wird14 ,
die nur in den seltensten Fällen des Prädikat ‚wissenschaftlich‘ verdienen. Wie Lön-
necker festhält , reichen die entsprechenden Arbeiten
oftmals nicht über eine Chronik hinaus , sind an Traditionsstiftung und -pflege interessiert ,
bleiben einer bloßen Geschehnisaufzählung ( … ) verhaftet , die über den Rand der eigenen
Verbindung oder des eigenen Korporationsverbandes nicht hinaussieht , Entwicklungen und
Strukturen oft völlig außer acht läßt15.
1993b , 1997 , Hauch 2000 , Manoschek 2002 , Pelinka 2002 und 2011 , Picker/Salfinger/Zeglovits 2004 , Ge-
den 2004 und 2006.
12 Vgl. für die frühen 1990er-Jahre u. a. Scharsach 1995 ; Purtscheller 1993 , 1994 und 1995 ; aus der Zeit um
2010 z. B. Horaczek/Reiterer 2009 , Scharsach 2012.
13 Vgl. Hug 2004. Als Ausnahmen sind die Arbeiten Gehlers sowie Peham 2012 zu nennen. Neben unzu-
reichender Quellenfundierung attestieren korporierte Autoren der korporationskritischen Literatur häu-
fig auch eine Tendenz zur Pauschalisierung sowie zu selektiven und Brüche ignorierenden Darstellungen
( vgl. ebd. ; Lönnecker 2009a , 117 ; Kaupp 2004 , 2 ).
14 Vgl. beispielsweise Mölzer 1994a oder Graf 2009a. Ein umfangreiches Verzeichnis ( v. a. ) verbindungsstu-
dentischer Publikationen findet sich in Krause 2007 , 305–364.
15 Lönnecker 2002 , 11.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619