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I.3 Methodische Erläuterungen
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abgeleiteten offenen Fragen nach und nach Dokumente aus dem verfügbaren Material-
bestand herangezogen , die besonders geeignet erschienen , Verdichtung , Vernetzung und
Kontextualisierung voranzutreiben. Im Zentrum stand dabei die gezielte Suche nach
Material , das bisherige ( eigene und fremde ) Annahmen eher zu widerlegen als zu be-
stätigen oder zumindest nötige Modifizierungen anzuzeigen versprach. So wurde etwa
Quellen einer als verhältnismäßig liberal geltenden ( und so vermeintlich quer zur vor-
herrschenden Außenwahrnehmung des Burschenschaftswesens in Österreich stehen-
den ) Verbindung besondere Beachtung zuteil oder nahm ich katholische Verbindun-
gen in den Blick , um Spezifika burschenschaftlicher Gedenkkultur von allgemeineren
Zeitphänomenen unterscheiden zu können. Auch im Studium der einzelnen Quelle
galt Anzeichen von Dissens und Konflikt
– als Hinweisen auf innere Differenzierungs-
linien – meine besondere Aufmerksamkeit. Im Sinne der Berücksichtigung von He-
terogenität und historischer Veränderung war zudem eine angemessene Streuung des
Materials über die Breite des Untersuchungsfeldes und über den Untersuchungszeit-
raum sicherzustellen. In letzterer Hinsicht griff ich bisweilen auf die Analyse ‚diskur-
siver Ereignisse‘ im Sinne Jägers41 zurück. Damit sind Anlassfälle gemeint , von denen
plausiblerweise vermutet werden konnte , dass sie etablierte burschenschaftliche Hand-
lungsmuster wesentlich beeinflusst ( oder ihnen zumindest besondere Sichtbarkeit ver-
liehen ) hatten. Tatsächlich vermochte die Heranziehung von Textproduktion aus dem
Umfeld solcher Ereignisse – anhand identifizierbarer ( Nicht-)Veränderung vor dem
Hintergrund eines gut fassbaren Impulses
– hilfreiche Aufschlüsse über burschenschaft-
liche Dynamik und Beharrung zu liefern.42
Die Codierung und die Verwaltung der codierten Textstellen , des Codesystems und
der Memos erfolgten gestützt durch die qualitative Datenanalyse-Software Atlas.ti. Sie
half mir ganz wesentlich , den Überblick über rund 8.500 Codierungen an knapp 6.000
Textpassagen , 130 vergebene ( und beibehaltene ) Codes , 190 Links zwischen diesen
Codes , knapp 400 Links zwischen Textstellen und 68 Memos zu bewahren. In gerin-
gerem Maße erwies die Software sich , jenseits bloßer Daten-Administration , auch in
inhaltlicher Hinsicht als hilfreich , indem sie durch eine Reihe von Programmfeatures
die Identifikation von Beziehungen , Häufungen und Mustern erleichterte.
41 Vgl. Jäger 2004 , 161 , 190.
42 Als Beispiel eines solchen diskursiven Ereignisses sei der für 1961 avisierte , ( vorerst ) jedoch nicht zustande
gekommene Beschluss über die Zusammenführung der Burschenschaften Deutschlands und Österreichs
in einem gemeinsamen Dachverband genannt. Die im Umfeld des Burschentages der Deutschen Bur-
schenschaft 1961 geführte Debatte ließ bis dahin in den Quellen eher subkutan bleibende ideologische
Bekenntnisse und Konflikte an die Oberfläche treten.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619