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II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration
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„völlige ideologische ( … ) Integrierung der deutschnationalen Korporationsgruppen in
die Nationalsozialistische Partei“.14 Nach Gehlers Erkenntnissen stellten die völkisch
gesinnten Studenten im Allgemeinen unter den früh ( bis 1933 ) eingetretenen Partei-
mitgliedern „einen im Vergleich zu ihrer Gesamtzahl herausragenden Anteil“.15 Ins-
besondere die Korporationen hätten sich als „Vorhut der Ideen Adolf Hitlers“ hervor-
getan und seien , nicht zuletzt aufgrund des hohen Korporierungsgrades der damaligen
Studentenschaft , „für die Propagierung nationalsozialistischer Ideen mit unter wichti-
ger als der NSDStB“ geworden. Dass die nicht-katholischen Korporationen „vielfach
schon ( … ) vor 1933/38“ einer „prä- bzw. pronationalsozialistischen Ideologie“ ange-
hangen waren , habe „die Verbreitung der NS-Ideologie auf Hochschulebene wesent-
lich begünstigt( )“.16
Auch und vor allem im Ständestaat bewährten sich die völkischen Korporierten aus
nationalsozialistischer Perspektive , indem sie „im starken Maße den organisierten il-
legalen Nationalsozialismus in Österreich“ trugen.17 Stimmer attestiert den „nationa-
len Korporationen“ eine Doppelfunktion nach dem Verbot aller NS-Organisationen
im Juni 1933 :
Zum einen stellten die zu diesem Zeitpunkt bereits großteils nationalsozialistischen Kor-
porationen zusammen mit den ebenfalls unterwanderten nationalen Massenorganisationen
wie Südmark , österreichisch-deutscher Volksbund , Deutscher Klub , die Tarnorganisation für
die nunmehr illegale Aktivität der verschiedenen NS-Formationen. Zum anderen bildeten
die Verbindungen über ihre Organisationsstruktur sowohl auf universitärer wie innenpoliti-
scher Ebene die Kontaktstelle zwischen der herrschenden Elite des Ständeregimes und den
illegalen Nationalsozialisten bzw. den Gruppierungen der ‚Betont-Nationalen‘ bzw. ‚Katho-
lisch-Nationalen‘ , eine Funktion die vor allem nach dem Berchtesgadener Abkommen des
Jahres 1936 an Bedeutung gewann.18
In der erstgenannten Hinsicht berichtet Stimmer von einer „starken Beteiligung an
den illegalen Kampfaktionen der Partei durch die Korporationen“, deren Mitglie-
der bisweilen „bis zu einem Drittel des Gesamtbestandes in Gefängnissen und An-
haltelagern inhaftiert“ gewesen seien.19 Für die Führungsschicht der illegalisierten
14 Stimmer 1997 ( Band I ), 509.
15 Gehler 1997a , 155.
16 Ebd., 157. Vgl. zur Rolle der völkischen Verbindungen als Wegbereiter des Nationalsozialismus auch Peham
2012 , 22–26.
17 Gehler 1997a , 145.
18 Stimmer 1997 ( Band I ), 510.
19 Ebd., 510 f. Treffend notiert die Chronik der Innsbrucker Brixen zum Juni 1933 : „Die Partei wurde illegal ,
der illegale Kampf begann und fand auch die Brixia hierfür gerüstet.“ ( Brixia 2001 , 28 )
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619