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II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde
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Derartige „Tischgesellschaften ohne Namen“60 sind für die frühen Nachkriegszu-
sammenkünfte die Regel , vereinzelt kommt es jedoch schon in dieser Zeit zu ersten
erfolgreichen Vereinsgründungen. Im Februar 1947 wird die Wohnungsgenossenschaft
der Bruna Sudetia neu errichtet , um den Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Ver-
bindungshauses in die Wege zu leiten.61 In Innsbruck gelingt Suevia die per 26. Juli
1949 nicht untersagte Gründung eines Vereins zur Erhaltung des Schwabendenkmals am
Innsbrucker Westfriedhof , unter dessen Deckmantel fortan die Sammlung der Bun-
desbrüder vonstattengeht.62 Mit Blick auf die gesamtösterreichische Situation vermerkt
das ( bundesdeutsche ) ‚Burschenschafter-Handbuch‘ von 1955 eine ab 1949 „unaufhaltsam
vorwärts“ strebende Entwicklung der Burschenschaften in Österreich63 – und ver-
weist damit eventuell auf einen Ermöglichungszusammenhang mit der ‚Minderbelas-
teten-Amnestie‘ von 1948. Das anekdotische Detail des Glasenbacher Alemannen-Stif-
tungsfestes von 1945 – in der Bundchronik als „erste( r ) Schritt zur Wiedergründung
der Alemannia“ eingestuft64 – kann vor dem Hintergrund all dessen als bezeichnend
für die Promptheit angesehen werden , mit der die Bemühungen zur Wiederaufnahme
des völkischen Verbindungslebens nach Kriegsende einsetzten.
Organisatorische Erfassung des Milieus
Aufbauend auf den offenbar vielversprechenden Ergebnissen der ersten informellen
Fühlungnahmen setzten um 1950 verschiedene Bemühungen ein , die ‚freiheitliche Stu-
denten- und Akademikerschaft‘ auch in bundübergreifender Weise organisatorisch zu
sammeln. Die dabei errichteten Institutionen sollten umgekehrt letztlich die volle Wie-
derherstellung der Einzelbünde erleichtern. Dies gilt vor allem für den Anfang 1950
durch ein Proponentenkomitee aus „freiheitliche( n ) Akademiker( n )“ errichteten Aka-
demikerverband Österreich ( AVÖ ).65
Als Motive für die Gründung desselben nennt die verbindungsstudentische Publizis-
tik u. a. die Schaffung einer Art Standesvertretung der „nicht parteipolitisch eingestell-
ten Akademikerschaft Österreichs“66 analog zum Bund Sozialistischer Akademiker ( BSA )
und zu den katholischen Korporationsverbänden ; auch sollte ein effektives Beziehungs-
60 Suevia 1958 , 101.
61 Vgl. http://www.bruna-sudetia.at/geschichte/couleurgeschichte/index.php und Wladar 1984 , 27.
62 Vgl. Suevia 1958 , 102.
63 Amberger 1955 , 117.
64 Alemannia 1962 , 22.
65 Der freiheitliche Akademiker Nr. 3 / 1951 [ Dezember ], 8. Vgl. ferner das AVÖ-Rundschreiben „Information
und Einladung an alle Freunde !“ vom April 1950 ( BAK , DB 9 , B. VI.15 [ A ]), 1. Das Zentrale Vereins-
register ( Auszug vom 11. 1. 2010 ) gibt als Gründungsdatum den 25. 5. 1950 an.
66 Aldania 1994 , 156.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619