Seite - 125 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 125 schädlicher ( modernisierender ) Einflüsse nicht nur auf einen Beitritt zur DB , sondern erachteten sogar die Zugehörigkeit zur Burschenschaftlichen Gemeinschaft ( BG ), einer besonders traditionalistischen Arbeitsgemeinschaft von Burschenschaften in DB und DBÖ , als unvereinbar mit ihrer Überlieferung : Man wäre in der BG , so Gerhard Wirl ( Silesia Wien, Arminia Czernowitz zu Linz ) in einem internen Rundschreiben seiner Arminen , unweigerlich „auf die Geschichtsbrüche einer ganzen burschenschaftlichen Generation gestoßen“.365 Die noch ins neue Jahrtausend übernommene burschenschaftliche Weigerung , aus der eigenen Involvierung in den Nationalsozialismus irgendwelche Konsequenzen ab- zuleiten , lässt sich kaum eindringlicher auf den Punkt bringen , als der Olympe Ger- hard Schlüsselberger , Jahrgang 1981 , es 2009 in den ‚Burschenschaftlichen Blättern‘ tat : Die Aufforderung ‚Niemals vergessen !‘ hat ihre vollste Berechtigung dort , wo es um die Er- rungenschaften unseres Volkes geht. ( … ) um die Kehrseite der Medaille ( also ‚unsere‘ Ver- fehlungen ) müssen wir uns nicht kümmern , denn die wird uns dankenswerter Weise ( … ) Tag für Tag von willfährigen Medien und deren Handlangern in Erinnerung gerufen. Unter der Parole „ ‚Right or wrong  – my country !‘ “ erblickt Schlüsselberger , zum Zeit- punkt der Abfassung seines Artikels auch Sprecher der BG , in den nationalistischen Aufwallungen in Deutschland während der Fußball-Weltmeisterschaft der Män- ner 2006 einen „Anfang ( … ), um den künstlich aufgeladenen Ballast der ‚Schuld‘ , ‚Scham‘ , ‚Verantwortung‘ etc. abzuwerfen.“ Noch habe ihm niemand erklären kön- nen , „was denn nun genau die Verantwortung des Deutschen [ sic ] Volkes gegenüber der restlichen Menschheit sein soll. Meiner Meinung nach ist dies ohnehin sekun- där , denn viel entscheidender ist die Frage , was für das Deutsche [ sic ] Volk gut oder schlecht ist.“366 Entgegen dieser gewohnten Linien folgenden Demonstration völkischer Ethik mel- dete sich in der Folgenummer der ‚Burschenschaftlichen Blätter‘ Günter Cerwinka ( Alle- mannia Graz ) zu Wort : Er halte eine Auslagerung der „Reflexion von ‚Verfehlungen‘ “ für falsch ; „im Gegenteil : Je ehrlicher und ernsthafter wir uns selbst mit diesen Irr- wegen auseinandersetzen , umso eher wird unsere heutige rechtsstaatlich-demokratische Position glaubwürdig sein.“ Darüber hinaus attestierte Cerwinka seinem Verbandsbru- der Schlüsselberger ‚revisionistische‘ Bedürfnisse sowie die Absicht , „eine kritische Be- urteilung der NS-Zeit im Blick auf positive Zeiträume der deutschen Geschichte zu relativieren“.367 Kritische Worte fand im selben Jahr auch Gerhard Pendl ( Oberösterrei- 365 Arminenbrief , ( mutmaßlich ) SoSe 1995 , 3. 366 Burschenschaftliche Blätter Nr. 3/2009 , 102–104 , hier : 103. 367 Burschenschaftliche Blätter Nr. 4/2009 , 190.