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III.3 Burschenschaftliche Erziehung
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geschriebenen Effekte sind zahlreich : So wird sie etwa als „der eigentliche Schlüssel“
beschrieben , der unter Bundesbrüdern „jeden Generationenunterschied , jeden Unter-
schied des Standes überwindet“.183 Sie soll „Beklemmungen und Schreckempfindungen“
bei körperlichem Einsatz überwinden helfen184 , „Willen und Persönlichkeit“ schulen185 ,
„Haltung“ vermitteln , die Bereitschaft zum „Opfer für die Gemeinschaft“ trainieren186
und lehren , „auch in schwierigsten Situationen ein Höchstmaß an Ritterlichkeit und
Selbstdisziplin zu wahren“187. Die Mensur erscheint damit als zentrales Instrument zur
Herstellung des soldatisch-virilen Burschenschafter-Mannes und dementsprechend als
„Mittelpunkt“ oder zumindest als „unverzichtbare( r ) Bestandteil der burschenschaft-
lichen Erziehung“.188 Als zentrale Erziehungsinhalte lassen sich in der Zusammenschau
dahin gehender Bekundungen letztlich Selbstdisziplin und die Bereitschaft zur Unter-
ordnung der eigenen Person ( einschließlich ihrer physischen Integrität ) unter ein grö-
ßeres Ganzes bestimmen : unter den Bund , ‚auf dessen Farben‘ die Mensur gefochten
wird , und das ( deutsche ) Volk , für das zu bluten und nötigenfalls zu sterben der Men-
surteilnehmer sich bereit und entschlossen zeigt.
Vergleichsweise banal nehmen sich die Abläufe auf der Primärebene burschenschaft-
licher Erziehung aus. Ihre klassischen Orte sind zum Ersten die Fuchsenkränzchen ,
die der Einweisung neuer Mitglieder in burschenschaftliches Grundlagenwissen die-
nen ; zum Zweiten die meist um Vorträge von Mitgliedern oder Externen angeordne-
ten ‚Burschenschaftlichen Abende‘ ( BA ), veranstaltet von Einzelbünden , mitunter auch
vom Delegierten-Convent ( DC ) der lokalen Burschenschaften oder von der örtlichen
VaB ; sowie drittens die Seminare von Dachverbänden wie der DB und der DBÖ. Diese
Aktivitäten wurden schon sehr früh wieder aufgenommen – Libertas hielt beispiels-
weise ab dem Studienjahr 1952/53 wieder BA und Fuchsenkränzchen ab , auch der Wie-
ner DC veranstaltete zu dieser Zeit bereits wieder monatliche BA.189 Sowohl Libertas
als auch die Oberösterreicher Germanen institutionalisierten schnell wöchentliche politi-
sche Diskussionen im Kreise der Bundesbrüder190 , und einer Umfrage des ADC-‚Re-
183 AVSt , DBÖ 1994 , 15.
184 AVSt , Deutsche Burschenschaft 1961 , 7.
185 BAK , DB 9 , E. 4 [ B2 ], Grundsätze der DBÖ , Anlage B zum ADC-Rundschreiben Nr. 1 ( Markoman-
nia ) von 1965/66 ( undatiert ), 2.
186 Alemannia 1962 , 26.
187 AVSt , DBÖ 1994 , 15.
188 Günther Berka , zit. in Libertas 1967 , 91 bzw. Olympia in einer Selbstdarstellung in den Burschenschaft-
lichen Blättern Nr. 4 / 1989 , 38. Letztere Quelle betont auch die Eignung der Mensur als Ausleseinstru-
ment , das es dem Burschenschafter erlaube , „die Tiefe seines Bekenntnisses zur bundesbrüderlichen
Gemeinschaft sowie zu den Idealen Ehre – Freiheit – Vaterland“ zu demonstrieren.
189 Vgl. Libertas 1967 , 31 f. bzw. Oberösterreicher Germanen 1967 , 131.
190 Vgl. Oberösterreicher Germanen 1967 , 129 bzw. Libertas 1967 , 134.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619