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III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich
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ferenten für burschenschaftliche Arbeit‘ zufolge wurden 1958 in 16 von 18 Burschen-
schaften wöchentlich „Berichte über das Weltgeschehen“ gegeben.191
Auf gesamtösterreichischer Ebene beschloss der ADC 1957 die Einführung eines
jährlichen ‚Burschenschaftlichen Schulungskurses‘ in Verbindung mit dem ADC-Tag ,
1962 umgewandelt in ein terminlich eigenständiges Seminar.192 Es herrschte Teilnahme-
pflicht für alle Mitgliedsbünde.193 Auf diesem Weg , v. a. aber durch die Einführung eines
‚Referenten für burschenschaftliche Arbeit‘ ( RfbA ) im Rahmen des ADC wurde der
Einfluss des ( sich selbst bis 1961 lediglich als lose Arbeitsgemeinschaft verstehenden )
Verbandes auf die Erziehungsarbeit der Einzelbünde gestärkt. Damit verbunden war
ein zunehmender Druck in Richtung einer Vereinheitlichung , der
– wie derartige Maß-
nahmen stets
– wesentlich von dominanten Teilen der politischen Klasse unter Burschen-
schaftern ausging , welche die Hegemonie ihrer eigenen Auslegung der burschenschaft-
lichen Idee auf Dauer gesichert sehen wollte. Erster RfbA wurde 1958 Peter Wrabetz
jun. ( Gothia ), der auch das Amtsverständnis seiner Nachfolger wesentlich prägen sollte
und als Verbands-Multifunktionär die politische Klasse geradezu personifizierte. Seine
Amtsübernahme erfolgte nicht durch Wahl , sondern im Wege der Einsetzung durch das
ADC-Steuerungsgremium , den ‚Gemeinsamen Hauptausschuß‘ ( GHA ).194 Wrabetz
war es auch , der jene jährlichen Umfragen unter den Mitgliedsbünden einführte , die
zum zentralen Instrument der Einflussnahme des Verbandes auf die Erziehungs- und
politischen Aktivitäten der Einzelburschenschaften wurde. Die regelmäßige Abfrage
u. a. von Zahl und Themen der abgehaltenen Burschenschaftlichen Abende animierte
zu vorauseilender Selbstkontrolle und diente dem Referenten als Basis zur Abgabe von
‚Empfehlungen‘ , die von zu forcierenden Themen bis hin zur Nennung für geeignet
befundener Referenten reichten.195 Den Umfrageergebnissen zufolge lässt sich für die
1950er- und 1960er-Jahre – mit allerdings nicht unerheblichen Schwankungen – eine
Zahl von etwa vier BA pro Bund und Semester als im Durchschnitt üblich angeben.
Thematisch dominierten ‚Volkstums-‘ und ‚Grenzlandfragen‘ klar , auch geschichtliche
191 BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Anlage 2/7 zur Niederschrift des ADC-Tages 1959 , 2.
192 Vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Niederschrift des ADC-Tages 1957 , 12 bzw. BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Nieder-
schrift des DBÖ-Tages 1962 , 9.
193 Vgl. etwa BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], ADC-Rundschreiben Nr. 4 ( Albia ) vom 14. 4. 1958 , 1 und BAK , DB 9 ,
E. 4 [ B1 ], ADC-Rundschreiben Nr. 7 ( Alemannia ) vom April 1959 , 1.
194 Vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], ADC-Rundschreiben Nr. 1 ( Alemannia ) vom Juni 1958 , 2 f.
195 Vgl. das ADC-Rundschreiben Nr. 3 ( Alemannia ) vom November 1958 , 5 f. ; das DBÖ-Rundschreiben
Nr. 3 ( Arminia ) vom 22. 1. 1960 , 4 ; und das DBÖ-Rundschreiben Nr. 3 ( Brixia ) vom 8. 2. 1961 , 3 ( alle :
BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ]). Vgl. ähnlich auch Wrabetz’ Nachfolger Harald Wendl ( Olympia/Vandalia ) im
DBÖ-Rundschreiben Nr. 1 ( Cruxia ) vom 15. 11. 1961 , 2 ; zurückhaltender RfbA Peter Gschaider ( Gothia )
in der Beilage V zum DBÖ-Rundschreiben Nr. 4 ( Libertas ) vom Dezember 1964 , 4 ( beide : BAK , DB
9 , E. 4 [ B2 ]).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619