Seite - 185 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 185 eigenen Reihen. Nicht von ungefähr bezeichnet ein Antrag Silesias zum außerordentli- chen ADC-Tag 1958 die Uneinigkeit zwischen deutschen und österreichischen Bünden in der Einschätzung der jüngeren deutschen Geschichte als „völlig unhaltbar“, da sie zur Spaltung , wenn nicht zur Auflösung der „burschenschaftlichen Bewegung“ führen müsse.233 Die „geistige( ) Einheit der burschenschaftlichen Bewegung“ liege „in deren innerstem Wesen begründet“.234 Ihre Fortsetzung in der angestrebten „geistige( n ) Ein- heit der Deutschen“235 verweist auf die innige Verbindung von innerburschenschaft- lichem Einheitsstreben und volksgemeinschaftlichem Denken. Wie das deutsche Volk ist auch die Burschenschaft als Gemeinschaft von Identischen ( anstatt , wie die bür- gerliche Gesellschaft , von Gleichen ) konzipiert.236 Jedenfalls relevante Teile der Bur- schenschaften in Österreich leiteten daraus ein Ideal uniformen Denkens ab , wie die Positionierung des Ostmarkenkartells ( Silesia Wien , Stiria Graz , Suevia Innsbruck ) in der Frage einer Fusion mit der DB 1960 dokumentiert : „Ein organisatorischer Zusam- menschluß allein , dem eine vollkommene [ sic ] geistige Einheit nicht zugrunde liegt“, laufe Gefahr zu scheitern. Nur bei „völliger Klarheit in allen ideologischen Fragen“ sei eine Fusion möglich  – wobei damit nicht die Erreichung eines tragfähigen Kompro- misses , sondern die Durchsetzung der österreichischen Positionen in allen strittigen Fragen gemeint war.237 Zusätzliche Verstärkung erfuhr das burschenschaftliche Streben nach Einheit und Geschlossenheit durch die Wahrnehmung eigener Schwäche und ( die Zunahme von ) Angriffe( n ) von außen ( vgl. dazu die Ausführungen zum burschenschaftlichen Corps- geist im Unterabschnitt III.4.4 ). Germania Innsbruck als Waffenspruch übernommenen  – Schönerer-Parole „Durch Reinheit zur Ein- heit“ prägnant zum Ausdruck. 233 BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Antrag der Wiener akad. B ! Silesia betr. das Geschichtsbild , 6. 234 Ebd., 5. Der Antrag wurde unter Beibehaltung der hier zitierten Stellen einstimmig vom ADC beschlos- sen ( vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Niederschrift des ao. ADC-Tages 1958 , 8 ). Vgl. zur Beschwörung ‚geis- tiger Einheit‘ ferner die Niederschrift des ( ord. ) ADC-Tages 1958 , Anlage 1 , 7 f. ( selber Bestand ), zur Wahrnehmung von Uneinigkeit als bedrohlich die Ausführungen Günther Pauls ( Leder Leoben ) in den Burschenschaftlichen Blättern Nr. 4 / 1977 [ Juni ], 96. Dass mangelnde Geschlossenheit auch völkischen Kreisen jenseits des Burschenschaftswesens als Bedrohung galt , zeigt etwa das eindringliche Plädoyer von Anton Reinthaller ( Landsmannschaft der Salzburger zu Wien ) bei seinem Antritt als FPÖ-Ob- mann gegen „Cliquenbildung“, da diese „zersetzend“ wirke und „der schlimmste Feind jeder Gemein- schaft“ sei ( zit. n. FPÖ 1991 , 22 ). 235 So der Titel eines Redebeitrags von Helmut Feierfeil ( Gothia ) am Burschenschaftlichen Schulungskurs des ADC 1959 ( BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], Einladung zum ADC-Tag 1959 , Rückseite ). 236 Vgl. Schiedel 2007 , 33. 237 BAK , DB 9 , B. VI.15 [ C1 ], Bekanntmachung der Burschenschaften des Ostmarkenkartells vom 31. 3. 1960.