Seite - 205 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 205 Moldavia Wien wollte zwei Jahre später einen neuen Burschenschafts-Verband in Ös- terreich schaffen , zu dessen Aufgaben die „( e )inheitliche Ausrichtung aller B !B !“ ge- zählt hätte.309 Begründet wurde das ( erfolglose ) Ansinnen damit , dass alle Burschen- schaften „im Daseinskampf“ stünden und es allenthalben an Nachwuchs fehle , „sodaß die Einzelbünde die nötige Durchschlagskraft nicht erreichen können“. Ohne „eine straffe Zusammenfassung der B !B !“ seien burschenschaftliche Ziele nicht verwirklich- bar.310 Dass eine solche ‚straffe‘ Organisationsform zumindest Burschenschafts-intern tatsächlich effektiv war , stellte die BG unter Beweis. Die wechselseitige Verpflichtung ihrer Mitgliedsbünde , auf DB-Burschentagen geschlossen die zuvor intern akkordierte Mehrheitsmeinung zu vertreten und entsprechend abzustimmen , war neben dem suk- zessiven DB-Beitritt der österreichischen Bünde und der Einführung des Prinzips des ‚Selbstausschlusses bei der Aufgabe von Grundsätzen‘ ein wichtiger Schlüssel zur Her- stellung einer rechtsextremen Hegemonie innerhalb des Dachverbandes.311 Veranstaltungspolitik Sowohl für die Außenwahrnehmung der Burschenschaften als auch für die Frage nach ihrer weltanschaulichen Breite kommt burschenschaftlichen ( Vortrags-)Veranstaltun- gen einige Bedeutung zu. Eine quer über das ideologische Spektrum streuende Einla- dungspolitik ist geeignet , dass populäre Bild völkischer Verbindung als ‚ewig gestrig‘ unterschiede in Widerstreit , wie sich spätestens mit der Abspaltung der Neuen DB 1996 zeigen sollte. Rechtsaußen-Bünde wie Olympia verfochten DB-intern lange Zeit eine Linie , die die Bewahrung des Einheitsverbandes über absolute Homogenität der Gesinnung stellte. Dieser Haltung lagen politische Erwägungen ( Stichwort ‚Schlagkraft‘ ) ebenso zugrunde wie finanzielle , bildeten doch gerade die Mit- gliedsbeiträge der liberaleren Bünde aufgrund deren durchschnittlicher Größe ein wichtiges materiel- les Rückgrat des Verbandes. 309 BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Niederschrift des ADC-Tages 1956 , 8. 310 Ebd. ; vgl. zur Diskussion über den Antrag auch ebd., 9 f. Für weitere Plädoyers zur burschenschaftlichen Geschlossenheit im Sinne effektiver Aufgabenerfüllung vgl. Teutonia 1968 , 110 f. und 114 sowie die Ger- manenmitteilungen vom Juni 1964 , 18. Zum Ansinnen eines geschlossenen politischen Agierens der völ- kischen Verbindungen und Vereine in Österreich insgesamt vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Arbeitsunterla- gen zum DBÖ-Tag 1962 , 11 und die entsprechende Niederschrift , 8 f. sowie Aldania 1994 , 187. Kritisch zur Tendenz zu „immer strafferer Organisation“ und Kompetenzverlagerung von Einzelbünden an den Ver- band äußerte sich 1962 Allemannia Graz ( BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Niederschrift des DBÖ-Tages 1962 , 6 f. ). 311 Vgl. zum Meinungsbildungsprozess innerhalb der BG die Nachrichten der Burschenschaft Vandalia , Win- tersemester 1962/63 , 4. Die ‚Selbstausschlußklausel‘ bedeutete , dass die Aufgabe von Verfassungsgrund- sätzen ( wobei die Verfassung der DB , nicht die österreichische Bundesverfassung oder das deutsche Grundgesetz gemeint waren ) seitens des DB-Hauptausschusses lediglich festgestellt werden musste. Geschah dies , erfolgte der Ausschluss ohne weitere Debatte oder Begründungspflicht automatisch. Vgl. dazu Schmidt 2000 , 10 f. ; Kuhn 2002 , 129–131 ; und BAK , DB 9 , B. VI., Burschentage ( a ), Arbeits- unterlagen zum DB-Burschentag 1971 , 12 ; zur Dominanzerlangung der BG innerhalb der DB vgl. Heit- her 2000 , 332–336.