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III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich
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tierung des Volkstums“ und einer damit verbundenen „Geringschätzung des demokra-
tischen Rechtsstaates ( … ) vermutlich nicht im mainstream der österreichischen Bur-
schenschaften“ verorte.627 Auch in den Burschenschaftlichen Blättern bezog Cerwinka
in diesem Jahr Stellung gegen „( d )ie Verabsolutierung , ja Vergötzung von ‚Volk‘ “, die
„wie jede Form von Fundamentalismus von Übel“ sei. Den Anlass hatte der Artikel
eines Olympen geliefert , für den nach Lesart des Grazer Allemannen „ethische Postu-
late“ jenseits des Wohls des deutschen Volkes „offenbar keine oder nur eine sekundäre
Rolle“ spielten.628 Mit seiner Kritik verdeutlichte Cerwinka sowohl das Beharrungs-
vermögen der völkischen Ideologie im Burschenschaftswesen in Österreich als auch –
einmal mehr
– das Vorkommen ( und gleichzeitig die Marginalität ) abweichender Mei-
nungen ebendort.
Wiederaufnahme und Adaptionen
Die burschenschaftlichen Bekenntnisse zur Gültigkeit des Primats nach 1945 sind
Legion.629 Ein besonders leidenschaftlich vorgetragenes Beispiel stellt jener Resolu-
tionsentwurf des um Libertas ergänzten Ostmarkenkartells zum ADC-Tag 1959 dar ,
dem zufolge
wir Burschenschafter in Österreich als unseren obersten Grundsatz und als Grundlage der
burschenschaftlichen Bewegung überhaupt ( … ) das treue Festhalten an dem leidenschaft-
lichen Bekenntnis zu dem nationalen Gedanken und der überstaatlichen geistigen und kul-
turellen deutschen Volksgemeinschaft ( erklären ), ( … ) der wir dienen wollen mit allen unse-
ren Kräften für und für !630
Mühlwerth erkannte in der „nationale( n ) Sendung“ der Burschenschaften nicht weni-
ger als ihre „Daseinsberechtigung“ in der Zweiten Republik , der Liberte Karl Eichmeyer
erblickte im „Bekenntnis zum deutschen Volkstum“ gar den „Urstrom unseres Seins“.631
„Das Ziel der DBÖ ist alles , was dem deutschen Volk nützt. Nur der Weg ist hier die
627 Cerwinka 2009 , 110.
628 Burschenschaftliche Blätter Nr. 4/2009 , 190 , Bezug nehmend auf Nr. 3/2009 , 103.
629 Vgl. über die nachfolgend zitierten Beispiele hinaus u. a. BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Protokoll des ADC-
Tages 1954 , 13 ; den Brief Olympias an die ADC-Bünde vom April 1955 , wiedergegeben in den Arbeits-
unterlagen zum ADC-Tag 1955 ( selber Bestand ); die Ausführungen Herwig Bücheles in BAK , DB 9 ,
C. IV.2 [ A1 ], VaB-Mitteilungen Nr. 23 / 1960 ( Vorort Bremen ), 12 sowie Claus’ in Nr. 25 / 1961 , 10 ; Li-
bertas 1967 , 143 und 354.
630 BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], Dringlichkeitsantrag zum ( ord. ) ADC-Tag 1958 , Anlage 1 zum ADC-Rund-
schreiben 8 ( Albia ) vom 14. 4. 1958 , 2.
631 Teutonia 1968 , 116 ( Herv. entf. ) bzw. zit. n. Libertas 1967 , 205.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619