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IV. Praxis burschenschaftlicher Politik
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das burschenschaftliche Engagement im RFS wiederum insofern einzustufen , als die
Burschenschafter jedenfalls von Verbandsorganen ( des ADC bzw. der DBÖ ) regelmä-
ßig zu diesem Engagement angehalten wurden und manche Bünde sich in ÖH-Wahl-
kämpfen mitunter mehr oder weniger geschlossen in den Dienst des RFS stellten.43
Dieser wies daher seit seiner Gründung Anfang der 1950er-Jahre einen Doppelcharak-
ter auf : als ÖH-Fraktion sowie als StudentInnenorganisation des ‚Dritten Lagers‘ mit
( mehr oder weniger engem ) Naheverhältnis zu VdU und FPÖ.
Über weite Teile seiner Geschichte ist der RFS ohne Übertreibung als Vehikel bur-
schenschaftlicher Hochschulpolitik einzustufen ( analog zum Wahlblock als Instrument
der katholischen Korporationsverbände bis jedenfalls in die 1970er-Jahre ). Schon in
seiner Anfangszeit wurde er „zum größten Teil von Burschenschaftern getragen“44 –
und formulierte Olympia den Anspruch , „dem RFS ( … ) den Stempel burschenschaft-
licher Ideologie aufzuprägen“.45 Der instrumentelle Zugang der Korporationen wird in
Aussagen wie jener des Vorsitzenden des Hochschulpolitischen Ausschusses der DBÖ
von 1963 deutlich , wonach es bei den kommenden ÖH-Wahlen 1965 darum gehe , zum
150-jährigen Jubiläum der Burschenschaft „ein burschenschaftliches Programm mit Er-
folg in die Studentenschaft zu tragen“.46
Tendenziell betonten v. a. jene innerhalb des Burschenschaftswesens die Bedeutung
der Hochschulpolitik bzw. engagierten sich entsprechend , die den Anspruch verfolg-
ten , über verbindungsstudentische Kreise hinaus wirksam zu werden ( in welche Rich-
tung auch immer ) und dabei über völkische Kernanliegen hinauszugehen ( ob in rein
taktischer Absicht oder auch nicht ).47 So prägten die Oberösterreicher Germanen An-
fang der 1970er-Jahre einen relativ liberalen RFS , während die Olympen ihn im fol-
ARGE WBL sowie einer eigens gegründeten Plattform ( vgl. Oberösterreicher Germanen 1994 , 163 f., 171
und 177 ).
43 Vgl. etwa BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], ADC-Rundschreiben Nr. 3 ( Alemannia ) vom November 1958 , 5 bzw.
Oberösterreicher Germanen 1994 , 17.
44 Oberösterreicher Germanen 1967 , 161. Sepp Wejwar ( VDSt Sudetia Wien ) behauptete 1982 vor ÖC-
Vern gar , der RFS sei vom WKR gegründet worden ( vgl. ad-times Nr. 33 / 1982 [ Oktober ], 8 ). Zum ( ho-
hen ) burschenschaftlichen Anteil am RFS-Personal vgl. auch BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Bericht des DBÖ-
Referenten für burschenschaftliche Arbeit zum DBÖ-Tag 1963 , 2.
45 BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Protokoll des ADC-Tages 1955 , 8. Erwin Hirnschall , RFS-Funktionär der An-
fangszeit und späterer Wiener FPÖ-Obmann , spricht demgegenüber von einer „breite( n ) Öffnung“ als
Erfolgsgeheimnis des frühen RFS. Erst „durch die spätere Entwicklung“ habe der Verband das Image
einer „bloße( n ) Vertretung der National-Freiheitlichen [ sic ] Korporationen“ erworben und sich dabei
„ideologisch zunehmend verengt( )“ ( Hirnschall 1991 , 24 ).
46 BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Bericht des HPA , Beilage zur Niederschrift des DBÖ-Tages 1963 , 1. Ähnlich äu-
ßerte sich 1982 der damalige WKR-Vorsitzende Wejwar : Beim RFS gehe es darum , „einfach die Grund-
sätze der Bünde ein bißchen in den hochschulpolitischen Alltag ( … ) umzusetzen“ ( ad-times Nr. 33 / 1982
[ Oktober ], 8 ).
47 Vgl. z. B. BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Niederschrift des DBÖ-Tages 1963 , 6.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619