Seite - 396 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 396 ten die Burschenschaften , wie bereits ausgeführt , Flugblattaktionen , Infostände und Ausstellungen durch. Letztgenannte Aktionsform wurde  – über die schon genannten Anlässe hinaus  – etwa von der ÖB gewählt , um im Jänner 1973 die Scrinzi-Auseinan- dersetzungen zu dokumentieren ; im Sommersemester 1981 widmete sie der ‚Neue Lin- ken‘ selbst „einige Bild- und Textwände“ an der Universität und der Wirtschaftsuni- versität Wien.272 In der Bundesrepublik führte der universitäre Linkstrend , in Verbindung mit der im Durchschnitt größeren Offenheit der dortigen Korporationen , zu einem Ein sickern ent- sprechender Tendenzen sogar in die Burschenschaften selbst ( oder begründete jedenfalls dahin gehende Befürchtungen ). Nach Darstellung der BG hätte das burschenschaftliche Meinungsspektrum sich bis in die 1970er-Jahre so erweitert , „daß Burschenschafter ( … ) mit Marx-Plaketten am Revers auftraten“.273 So wurde auf mehreren DB-Burschen- tagen eine scharfe Abgrenzung nach links gesucht und gefunden. 1973 beschloss man die „Unvereinbarkeit marxistischer Zielvorstellungen mit der Verfassung der DB“.274 Ebenso wurde die Mitgliedschaft in einem DB-Bund mit der Zugehörigkeit zu lin- ken Organisationen für unvereinbar erklärt.275 In Österreich waren derlei Vorkehrun- gen kaum notwendig. 1977 wurde allerdings der Grazer RFS , der sich unter der Füh- rung des Burschenschafters Flucher ( Carniola ) befand , wegen übermäßiger Liberalität aus dem Bundesverband ausgeschlossen. Im Ring fand dieser Vorgang retrospektive Be- schreibung als die „Ausmerzung der Linksabweichler“.276 Jenseits der Auseinandersetzungen mit den ( vermeintlichen ) Linken in den eigenen Reihen und vor Ort wurde  – gerade auch mit zurückgehender Virulenz Letzterer  – ge- gen den real existierenden Sozialismus auf globaler Ebene agitiert , insbesondere unter 272 Vgl. Oberösterreicher Germanen 1994 , 28 bzw. 101. 273 AVSt , Burschenschaftliche Gemeinschaft 1976 , 7. Dass innere Richtungsstreitigkeiten tatsächlich auch über eine ‚Politik des Kragenaufschlags‘ ausgetragen wurden , bestätigt Jan-Michael Müller ( Brunsviga Göttingen ) im Interview vom 19. 6. 2010 : Liberale Burschenschafter hätten sich etwa „eine rote Nelke ins Knopfloch gesteckt“, um dem unter Rechtsaußen-Burschenschaftern beliebten Großdeutschland-An- stecker am Revers ( ‚Das ganze Deutschland soll es sein !‘ ) zu kontern. 274 BAK , DB 9 , B. VI. Burschentage ( a ), Niederschrift des DB-Burschentages 1973 , 44. 275 Vgl. ebd., 45. Der entsprechende Antrag hatte nicht weniger als 41 Gruppen  – neben kommunistischen auch antifaschistische oder pazifistische  – namentlich angeführt , gleichzeitig aber klargestellt , dass die Unvereinbarkeit sich auch auf „alle anderen Gruppen ähnlicher Zielsetzung“ erstrecke ( vgl. BAK , DB 9 , B. VI. Burschentage [ a ], Arbeitsunterlagen zum DB-Burschentag 1973 , 28–30 , Zitat : 29 ). Nach Be- urteilung Heithers löste die Studierendenbewegung in der DB eine Repolitisierung und Standort- bestimmungsdebatten aus , die den Verband letztlich weiter nach rechts führten ( vgl. Heither 1997b , 183– 186 ). In der Verbandskrise und Austrittswelle der 2010er-Jahre erblickten manche dagegen den späten Konter der „68er-Alten Herren“ bzw. der „Aktivitates der 1970er und 1980er“, die inzwischen in ihren Bünden tonangebend geworden seien ( zit. n. http://www.dereckart.at/?p=1345, Artikel vom 26.6.2014, Hinrich Hofmann ). 276 Der Ring Nr. 8 / 1979 , 5 ; vgl. auch Nr. 8 / 1979 , 2 sowie Oberösterreicher Germanen 1994 , 80.