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IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn
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‚neurechts‘ inspiriertes Ideenvertriebsnetz , wie es in Deutschland mit Zeitschriften wie
Criticón , Junge Freiheit oder Sezession , Verlagen wie Grabert oder Edition Antaios und
think tanks wie dem Thule-Seminar oder dem Institut für Staatspolitik etabliert wurde ,
konnte sich daher in Österreich nicht ausbilden.
Mit den FPÖ-Erfolgen wurde jedoch keineswegs der Wunsch obsolet , auf gesell-
schaftlich verbreitete Meinungen und Werthaltungen einzuwirken. Vielmehr ermög-
lichte die Partei einschlägig motivierten Korporierten , ebendies nun in weit höherer
Effektivität als bislang zu tun ( vgl. Kapitel V.6 ). Daneben übernahmen weiterhin auch
die ( formal ) unparteilichen Periodika des ‚nationalen‘ Lagers eine Multiplikatorfunk-
tion. Besonders hervorzuheben ist dabei das Organ des völkischen Korporationswesens
in Österreich , das in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre eine ‚neurechte‘ Phase durch-
lebte und zum anderen in dieser Zeit auch verstärkt die Wendung über seine korporierte
Stammklientel hinaus suchte.
Aula, Identität und ‚Neue Rechte‘
Der Beginn eines leidlich konsequent ‚neurechten‘ Kurses der Aula
– tatsächlich wurden
die inhaltlichen und personellen Verbindungen zum traditionellen Rechtsextremismus
auch in dieser Zeit nicht gekappt
– lässt sich in der Endphase der Schrift
leiter-Ära von
Andreas Mölzer ( Corps Vandalia Graz ) und Werner Widmann ( Suevia ) verorten.314
Heft 4 / 1990 machte mit dem Titel „Metapolitik und geistige Befreiung“ auf.315 Mölzer
trat Ende 1990 als Schriftleiter ab , Widmann ein knappes Jahr später. Ihr Nachfolger ,
der Brixe Herwig Nachtmann , führte den Erneuerungskurs in seiner Doppelfunktion
als Schriftleiter und Verlagsgeschäftsführer zunächst weiter. Im selben Jahr erfuhr die
Aula-Jugendausgabe einen Relaunch mit neuem Namen ( Identität ), einem neuen Ver-
antwortlichen ( Jürgen Hatzenbichler , pB ! Hans Steinacher Völkermarkt ) und neuer –
nämlich ‚neurechter‘ – Ausrichtung.
Parallel zur inhaltlichen Modernisierung wurde auch das äußere Erscheinungsbild der
Aula aufgefrischt : Über einen verstärkten Magazincharakter wollte man auch bislang fern-
stehende Zielgruppen erreichen. Beide Anpassungsleistungen sind in Zusammenhang mit
der Entwicklung der FPÖ zu sehen. Die dortige Machtübernahme eines Vertrauensman-
nes der Völkischen hatte für Aufbruchsstimmung gesorgt. Dass diese Stimmung den an-
satzweisen inhaltlichen Schwenk auf eine ‚neurechte‘ Linie mit sich brachte , ist allerdings
dem Einfluss einiger weniger Personen ( allen voran Mölzer und Hatzenbichler ) zuzurech-
nen.316 Diese zeichneten
– neben Gastautoren wie Alain de Benoist und Pierre Krebs so-
314 Vgl. Gärtner 1996 , 328 ( ferner 50 f. und 55–91 ) sowie Perner/Schiedel/Zellhofer 1994 , 57.
315 Vgl. darin u. a. Jürgen Hatzenbichlers Beitrag „Gramsci und die Methode der Metapolitik“ ( S. 19–21 ).
316 Vgl. ebd., 48 und Gärtner 1993 , 407.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619