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IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik
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schützer vermuteten zudem , dass Stiftungsgelder „zur Unterstützung terroristischer
Aktivitäten in Südtirol“
– konkret : für die letzte Terrorwelle in der zweiten Hälfte der
1980er-Jahre – veruntreut worden sein könnten.389
Abgerundet wurde das burschenschaftliche Südtirol-Engagement u. a. durch Ernte-
einsätze in als bedürftig eingestuften landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort390 sowie
durch Netzwerkbildung und -pflege im Rahmen der Meraner Hochschulwochen.391
In Summe ist über die Jahrzehnte in der Südtirolfrage nicht nur eine starke Kontinui-
tät burschenschaftlicher Positionierungen , sondern auch eine Verstetigung bestimmter
Aktionsformen zu Routinen festzustellen. Vereinzelte Aufforderungen zur kritischen
Reflexion über bisherige Praxen und deren Wirksamkeit verhallten ohne nachhaltige
Wirkung. 1962 vermerkte DBÖ-Volkstumsreferent Günter Zeindl ( Suevia ) in seinem
Bericht , dass die „Südtirolpolitik der DBÖ ( … ) einmal gründlich überprüft werden
und neue gangbare Wege gesucht werden ( müssten ), wie man unseren Brüdern tat-
sächlich helfen kann“.392 Aus dem Bericht des Südtirolreferenten Karl Alber ( Germa-
nia Innsbruck ) vom Folgejahr spricht dagegen Resignation : Es sei für die Burschen-
schaften nahezu unmöglich , „erfolgversprechende Volkstumsarbeit“ zu leisten.393 Wie
dieses Beispiel zeigt , war unter Burschenschaftern in Österreich zum Teil durchaus ein
Bewusstsein für die geringe politische Relevanz ihrer Südtirol-Aktivitäten vorhanden.
Dass etwa die jährlichen Resolutionen vonseiten politischer Organe und nicht-völki-
scher Medien weitgehend ignoriert wurden , blieb in ADC- bzw. DBÖ-Kreisen keines-
wegs unbemerkt.394 Motivation zum Weitermachen in den gewohnten Bahnen wurde
aus burschenschaftlichem Pflichtgefühl395 ebenso bezogen wie aus der Hoffnung , durch
Klaus-Peter Schmid ). Zur Laurin-Stiftung , in deren Kuratorium Hartung und Scrinzi eintraten , wäh-
rend die deutschen Behörden die HNS-Geldströme zum Versiegen brachten , vgl. profil Nr. 26/2012 , 32 f.
und LOTTA Nr. 47/2012 , 47 f. Italienische Ermittlungen u. a. wegen gesetzwidriger Finanzierung völ-
kisch-separatistischer Zwecke verliefen 2013
– nicht zuletzt aufgrund fehlender Amtshilfe von österrei-
chischer Seite – im Sand.
389 Zit. n. Der Spiegel Nr. 45 / 1994 , 72.
390 Diese Praxis wurde 1977 auch im Rahmen der DB eingeführt. Vgl. dazu BAK , DB 9 , B. VI. Burschen-
tage ( a ), Arbeitsunterlagen zum DB-Burschentag 1977 , 38 und die Niederschrift desselben , 24.
391 Vgl. u. a. BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Anlage 3 zur Niederschrift des ADC-Tages 1957 , 2 ; BAK , DB 9 , E. 4
[ A3 ], Arbeitsunterlagen zum DBÖ-Tag 1964 , 4 f.
392 BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Anlage 1/4 zur Niederschrift des DBÖ-Tages 1962 , 1.
393 BAK , DB 9 , E. 4 [ A3 ], Bericht des Volkstumsreferenten für Südtirol , Anlage zur Niederschrift des
DBÖ-Tages 1963 , 1 f.
394 Vgl. etwa BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], DBÖ-Rundschreiben Nr. 1 ( Brixia ) vom Oktober 1960 , 3 oder BAK ,
DB 9 , E. 4 [ A1 ], Niederschrift des DBÖ-Tages 1956 , 2. Burger schrieb demgegenüber 1960 den Reso-
lutionen „ein nicht zu unterschätzendes Gewicht bei der Österreichischen Bundesregierung“ zu ( BAK ,
DB 9 , E. 4 [ A2 ], Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , 7 ).
395 Vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Protokoll des DBÖ-Tages 1955 , 13.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619