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IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik
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Österreich aktive Teilnehmer am Südtirolterror stellte , in massierter Form jedoch v. a.
Brixia Innsbruck und Olympia Wien diesen betrieben.402 Dabei ist zu berücksichtigen ,
dass Hartung bewusst die Namen „vieler Waffenstudenten“ unterschlug , die strafrecht-
lich relevante Handlungen gesetzt hatten , dafür aber nicht polizei- bzw. gerichtsnoto-
risch geworden waren. „Gott sei Dank“ sei den Behörden „bei weitem nicht alles“ zur
Kenntnis gelangt.403 Nicht nur aufgrund dessen , sondern auch aus Platzgründen kann
die burschenschaftliche Beteiligung am Südtirolterror auf den folgenden Seiten nur in
groben Zügen nachgezeichnet werden.
Chronologie der Ereignisse404
Nach ersten kleineren Aktionen in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre setzt 1961 koor-
dinierter Terror in Südtirol / Alto Adige ein , getragen von der zu diesem Zeitpunkt von
Südtirolern dominierten Untergrundorganisation Befreiungsausschuß Südtirol ( BAS ).
Den frühen Höhepunkt bildet die konzertierte Sprengung von 41 Hochspannungs-
masten in der Provinz Bozen/Bolzano in der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1961 ( im
deutschsprachigen Raum bis heute oft zur ‚Feuernacht‘ romantisiert ), an der zahl reiche
Burschenschafter beteiligt sind.405 Zumindest Burger war auch maßgeblich in die Pla-
nung und Vorbereitung involviert.406 Einer der Sprengsätze tötet bei Salurn/Salorno
einen Straßenarbeiter. Der damals junge Olympe Helmut Wintersberger erinnert sich
an seinen Einsatz an der Seite Burgers : „Nach Anbringung der Ladung nahm Bur-
ger Aufstellung vor dem Mast und hob die Hand zum Hitlergruß.“407 Den Anschlä-
gen folgen Massenverhaftungen durch die italienischen Repressionsorgane. Die Fest-
nahme oder Flucht vieler der Südtiroler Beteiligten lässt den Einfluss österreichischer
und bundesdeutscher Kräfte innerhalb der gewaltbereiten ‚Freiheitskämpfer‘ steigen
–
nicht zuletzt jenen der primär großdeutsch motivierten Kreise um Burger und „seine( )
Studenten“.408 Als auch gemäßigte Nordtiroler Akteure sich zurückziehen , bleibt neben
402 Das gemeinsame Vorgehen von Angehörigen dieser beiden Bünde – sowohl bei terroristischen Hand-
lungen als auch in ADC und DBÖ
– dürfte nicht zuletzt auf die Person Norbert Burgers zurückzufüh-
ren sein , der einerseits Angehöriger Olympias war und andererseits als Universitätsdozent in Innsbruck
bei den dortigen Brixen verkehrte. Vgl. dazu deren Bundchronik , die Burger als „Verkehrsgast“ führt
( Brixia 2001 , 47 ).
403 Aula Nr. 7–8 / 1977 , 5.
404 Die folgende Darstellung orientiert sich an dem im besten Sinne journalistischen , durch Detailreich-
tum , Aktualität und Erkenntnisse aus ZeitzeugInnengesprächen bestechenden Werk von Hans Karl
Peterlini ( 2011 ).
405 Vgl. ebd., 126.
406 Vgl. ebd., 123–125.
407 Wintersberger im Interview mit Peterlini , ebd., 242.
408 Peterlini 2011 , 228.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619