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V. Burschenschaften und politische Parteien
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völkischen Verbindung an , darunter ein einziger akademischer Burschenschafter ( Fritz
Stüber , Vandalia bzw. später Gothia Wien ). Demgegenüber basieren die Berechnun-
gen für die FPÖ dank der längeren Parteigeschichte und zumindest phasenweise grö-
ßeren Wahlerfolge auf einer deutlich umfangreicheren Referenzgruppe von 204 Natio-
nalratsabgeordneten , die aufgrund der Erfolgskurve der Partei allerdings zum deutlich
überwiegenden Teil in der zweiten Hälfte der bisherigen Parteigeschichte amtierten.13
Von diesen 204 waren 83,8 Prozent männlich und 44,1 Prozent AkademikerInnen , wo-
bei akademische Abschlüsse unter den weiblichen Abgeordneten weiter verbreitet wa-
ren ( 51,5 % gegenüber 42,7 % bei den Männern ). Die – wie noch gezeigt werden wird :
überdurchschnittliche
– Männerdominiertheit und akademische Prägung der freiheit-
lichen Nationalratsfraktion tritt noch deutlicher hervor , wenn nur MandatarInnen er-
fasst werden , die zum Stichtag zumindest eine bzw. zumindest zwei volle Legislatur-
periode( n ) absolviert hatten , wobei auch durch vorgezogene Wahlen verkürzte Perioden
gewertet wurden. So lassen sich Verzerrungseffekte durch kurzzeitig , bisweilen nur für
wenige Tage oder Wochen als PlatzhalterInnen oder in einer Übergangsphase von oder
zu ‚höheren‘ Aufgaben amtierende Abgeordnete reduzieren.14 Die so ermittelten Ver-
gleichsgruppen umfassen nur noch 147 ( mindestens eine Legislaturperiode ) bzw. 68
dem freiheitlichen Klub angehörten. Wo Angaben explizit nur auf die FPÖ bezogen werden , blieben et-
waige parlamentarische Aktivitäten für den VdU unberücksichtigt. Die Eingabe der Daten wurde – für
den Nationalrat wie auch für alle folgenden statistischen Erhebungen
– nach folgenden Richtlinien vor-
genommen : Als AkademikerInnen wurden ausschließlich Personen mit abgeschlossenem Diplom- und/
oder Doktoratsstudium gewertet , womit etwa AbsolventInnen Höherer Lehranstalten ( ‚Ing.‘ ) oder un-
vollständiger Universitätsstudien ( ‚cand. iur.‘ ) aus der Wertung fielen. Ausnahmen bilden Anton Zeillin-
ger ( der aufgrund einer Übergangsregelung für eingerückte Jus-Absolventen während des Krieges nach
1945 als Rechtsanwalt wirkte , ohne einen Titel zu führen ) und WdU-Mandatar Thomas Neuwirth ( der
die Universität als ‚abs. iur.‘ verließ , d. h. die Staatsprüfungen , nicht aber die Rigorosen absolviert hatte
–
vgl. dazu Grandner 2005 , 290 ). Beide wurden als Akademiker gewertet , da sie trotz formaler Titellosig-
keit ein vollwertiges Universitätsstudium absolviert hatten. ‚Mehrbänderleute‘ , also Angehörige mehr als
einer studentischen Korporation , wurden grundsätzlich nur für einen Bund gewertet. Dabei wurde aka-
demischen Verbindungen gegenüber Pennalien und bei Korporationen gleicher Eintrittsaltersstufe je-
nem Bund der Vorrang eingeräumt , dem zuerst beigetreten wurde.
13 Berücksichtigt wurden dabei ( sowie grundsätzlich für die vorliegenden Berechnungen , wo nicht expli-
zit anders ausgewiesen ) alle im Untersuchungszeitraum angelobten Abgeordneten ungeachtet der Dauer
ihrer Amtszeit
– also vom mehrere Legislaturperioden überspannenden Langzeitmandatar bis hin zu je-
nen , die nur wenige Tage dem Nationalrat angehörten. Die Bezugsgröße für die Berechnung von Antei-
len bildete daher die Zahl der MandatarInnen , nicht jene der Mandate.
14 Als Beispiele erwähnt seien Karl Leutgöb , der im Zuge der krisenhaften Ereignisse in der niederöster-
reichischen FPÖ ( ‚Rosenstingl-Affäre‘ ) 1998 für sechs Tage vom Gemeinderat Waidhofens an der Ybbs
in den Nationalrat wechselte , und Wilhelm Niederhuemer , der 2000 auf das Mandat des zum Justizmi-
nister berufenen Michael Krüger nachrückte , aufgrund dessen Rücktritt nach einem Monat jedoch den
Platz wieder räumen musste. Franz Linsers Nationalratsära beschränkt sich gar auf den 26. 4. 1996 , jenen
Tag , an dem er kurzzeitig das Mandat von Brigitte Povysil übernahm , um sich vom Nationalrat in das
Europäische Parlament nominieren zu lassen.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619