Seite - 452 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Bild der Seite - 452 -
Text der Seite - 452 -
V. Burschenschaften und politische Parteien
452
wie Emil van Tongel , Anton Zeillinger , Harald Ofner oder Helmuth Haigermoser –
lässt den Korporiertenanteil an den Akademikern nach einem steilen Anstieg von 52,1
auf 62,5 Prozent auf der letzten Stufe wieder leicht zurückgehen.
Mit Blick auf die unterschiedlichen Korporationstypen ergibt sich eine klare Vor-
machtstellung der Burschenschaften : Von den 57 korporierten Nationalratsabgeordne-
ten der FPÖ zwischen 1956 und 2014 gehörten 19 einer akademischen Burschenschaft
an. Dahinter folgen Angehörige von Mittelschul-Burschenschaften ( neun18 ), akademi-
schen Corps ( sieben ) und Vereinen Deutscher Studenten ( vier ).19 Bis Juli 2014 war somit
genau jeder dritte korporierte FPÖ-Abgeordnete zum Nationalrat akademischer Bur-
schenschafter , rund jeder zweite ( 28 Personen ) war Burschenschafter pennaler und/oder
akademischer Façon. Dieser besondere Stellenwert eines bestimmten Typs der Studen-
tenverbindung dürfte sich in dem aufgezeigten Ausmaß nicht allein über dessen grö-
ßere Verbreitung und Mitgliederzahl in Österreich erklären lassen ; vielmehr bildet sich
darin auch das besonders prononciert politische Selbstverständnis der Burschenschaf-
ten ab ( vgl. Kapitel III.1 ). Unter den bis dato zwölf Klubobmännern der FPÖ-Natio-
nalratsfraktion – bislang hatte keine Frau diese Position inne – finden sich fünf Kor-
porierte , darunter mit Jörg Haider und Norbert Gugerbauer zwei akademische sowie
mit Jörg Kandutsch und Heinz-Christian Strache zwei pennale Burschenschafter.20
Die Nationalratsklubs im Zeitverlauf
Um etwaige Veränderungen über die Parteigeschichte hinweg sichtbar zu machen , wur-
den die Nationalratsfraktionen der FPÖ nicht nur in aggregierter Form , sondern auch
nach einzelnen Legislaturperioden getrennt untersucht.21 So wird etwa sichtbar , dass der
Männeranteil während der ersten acht Legislaturperioden ab Parteigründung ( von 1956
18 Mitglieder von Pennalien , die gleichzeitig einer akademischen Burschenschaft angehörten , sind hierbei
nicht berücksichtigt.
19 Einzelne Bünde stechen nicht in auffälliger Weise hervor : Drei Wiener Burschenschaften ( Olympia , Al-
dania und Silvania/Südmark ) stellten im Untersuchungszeitraum je drei Abgeordnete , weitere sieben
Bünde ( darunter eine akademische Burschenschaft ) jeweils zwei.
20 Die fünf werden durch den Sängerschafter Friedhelm Frischenschlager komplettiert. Ein weiterer Sänger-
schafter , Ewald Stadler , amtierte zwischen 1994 und 1999 in Vertretung Haiders als geschäftsführender Klub-
obmann. Stadler ist inzwischen nach Auskunft seines parlamentarischen Assistenten ( E-Mail vom 23. 7. 2012 )
aus seinem Bund , den Skalden Innsbruck , ausgeschieden. Da er aber als Sängerschafter in den Nationalrat
einzog , wurde er
– anders als der nach eigenen Angaben bereits lange vor seinem Parlamentseintritt aus sei-
ner Burschenschaft ausgetretene Werner Königshofer – statistisch als Korporierter berücksichtigt.
21 Dabei wurden zunächst erneut alle MandatarInnen der entsprechenden Legislaturperiode unabhängig
von ihrer Verweildauer berücksichtigt und in einem weiteren Schritt jene ausgeschlossen , die nicht die
volle Amtszeit abdienten. Dieser Ausschluss erbringt allerdings keinerlei über die Zeit einheitliche Ef-
fekte , mit Ausnahme des Umstandes , dass die Werte aufgrund der verkleinerten Kohorten im Zeitverlauf
stärker schwanken. Für den VdU lässt sich schon aufgrund seiner nur zwei Perioden währenden Existenz
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619