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V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
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schichte bis 2014 gerechnet , befand die FPÖ sich zu rund zwei Dritteln der Zeit unter
der Führung eines völkischen Korporierten. Die 20 Jahre , in denen dies nicht der Fall
war , entfallen mit Ausnahme des Jahres 2001 ( unter Riess-Passer ) zur Gänze auf die
Langzeitobmannschaft Friedrich Peters. Dazu wirkte eine erkleckliche Zahl an Kor-
porierten als Bundesparteiobmannstellvertreter , darunter u. a. die akademischen Bur-
schenschafter Mario Ferrari-Brunnenfeld ( Stiria Graz , Stellvertreter unter Götz , Steger
und Haider ), Waldemar Steiner ( Olympia , unter Götz und Steger ), Norbert Guger-
bauer ( Oberösterreicher Germanen , unter Haider ), Lutz Weinzinger ( Bruna Sudetia , un-
ter Strache ) und Harald Stefan ( Olympia , ebenfalls unter Strache ).32
Als Bundesgeneralsekretäre waren für die FPÖ bislang lediglich zwei Korporierte
( unter insgesamt 20 Personen , davon 18 Männer ) tätig – der Vereinsstudent Helmut
Krünes ( 1978 bis 1980 ) und der Burschenschafter Gugerbauer ( 1986 bis 1988 ). Aller-
dings führen die Freiheitlichen erst seit 1982 durchgehend ein Generalsekretariat. Zu-
vor hatte eine solche Einrichtung nur 1957 bis 1960 ( unter Karl Kowarik , Vater des
FPÖ-Gemeinderats und Aldanen Helmut Kowarik , selbst aber nicht korporiert33 )
und zwischen 1978 und 1980 ( eben unter Krünes ) bestanden. Seit Gugerbauer amtierte
kein Korporierter in dieser für die Kommunikation einer Partei nach innen und au-
ßen zentralen Position , auch nicht unter Heinz-Christian Strache. Über einen Bun-
desgeschäftsführer verfügte die FPÖ seit ihrer Gründung ohne Unterbrechung. Die
‚prä-Haider-Ära‘ entfällt dabei fast vollständig auf die Amtszeit Hans Richard Bog-
ners ( 1956 bis 1984 ) – ebenso wenig korporiert wie die anderen zwölf in dieser Posi-
tion tätigen Personen ( allesamt Männer ).34
Die Mitglieder der Bundesregierung35
In der Geschichte der Zweiten Republik gingen bislang aus drei Nationalratswah-
len Bundesregierungen mit ( direkter ) freiheitlicher Beteiligung hervor : die Regierun-
32 Vgl. zu den Angaben über die Bundesobmann-Stellvertreter bis 1990 FPÖ 1991 , 139.
33 Kowarik , vormals hochrangiger illegaler Amtsträger der Hitler-Jugend , kann als Repräsentant eines Funk-
tionärstypus in der Frühphase der Partei angesehen werden , der politisch weit rechts angesiedelt , aber
nicht korporiert war , oder auch : nicht korporiert war , gerade weil er schon nationalsozialistisch sozia-
lisiert worden war , bevor die Korporation ihn hätte sozialisieren können. Wie schon in Kapitel II.1 er-
wähnt , stand die NSDAP – bei aller politisch-ideologischen Verwandtschaft – den völkischen Verbin-
dungen u. a. aufgrund der elitären Selbstwahrnehmung Letzterer skeptisch gegenüber. Auf Ablehnung
stießen die studentischen Korporationen insbesondere bei der plebejisch geprägten SA und der ihren ei-
genen Erziehungsauftrag erfüllenden HJ.
34 Vgl. zur Datengrundlage für diesen Absatz ebd., 140. Die dortige Aufstellung wurde unter Rückgriff auf
Grillmayer 2006 und die Angaben in den Piringer-Chronologien ergänzt.
35 Im Sinne sprachlicher Vereinfachung werden in weiterer Folge auch Staatssekretäre als Regierungsmit-
glieder gefasst , obwohl sie dies formal nicht sind.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619