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V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
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Funktion ) herangezogen werden. Dazu passt , dass bislang ausschließlich Korporierte
( Haupt , Böhmdorfer und Wanek ) für die FPÖ in mehr als einer Regierung saßen. In
Summe lässt sich hieraus einmal mehr eine Bestätigung der Rolle völkischer Korporier-
ter als personeller Kernbestand der Partei ersehen.
Im Vergleich der Regierungen mit FPÖ-Beteiligung miteinander lassen die diversen
freiheitlichen Regierungsteams unterschiedliche Profile erkennen. Die Mannschaft
Stegers ( sechs Positionen , insgesamt sieben Personen ) stellt sich mit einem Männer-
anteil von 100 Prozent , einem Akademikeranteil von 85,7 Prozent ( sechs der sieben )
und einem Korporiertenanteil von 71,4 Prozent ( fünf der sieben , darunter der akade-
mische Burschenschafter Ferrari-Brunnenfeld ) sehr homogen dar. Es dominiert der
Typus ‚korporierter Akademiker mit Hintergrund im Atterseekreis‘ ( vgl. zu Letzte-
rem Abschnitt V.3.1 ). Auch das Team Riess-Passers ( acht Positionen , zwölf Perso-
nen ) war stark , nämlich zu 75 Prozent akademisch geprägt , unterschied sich aber in
zwei der erhobenen Kennzahlen erheblich von Stegers Zirkel : Zum einen bestand es
zu einem Drittel aus Frauen , zum anderen ging der Korporiertenanteil auf ein Viertel
( drei von zwölf ; mit Dieter Böhmdorfer war wiederum auch ein akademischer Bur-
schenschafter vertreten ) zurück. Bei getrennter Betrachtung des Anfangs und des
Endes der Legislaturperiode fällt auf , dass ursprünglich nur eine Position mit einem
Verbindungsmitglied ( Reinhart Waneck ) besetzt worden war. Mit nichtkorporierten
AkademikerInnen wie Michael Krüger , Michael Schmid und Elisabeth Sickl sollten
offenbar populäre Annahmen über die Verfasstheit der freiheitlichen Personaldecke
widerlegt und eine Vielfalt der Rekrutierungswege signalisiert werden. Nach meh-
reren Umbesetzungen ( drei davon schon im ersten Amtsjahr ) fand sich die FPÖ er-
neut auf ihr akademisches Stammpersonal zurückgeworfen. Aus zunächst einem Al-
ten Herren unter sechs Regierungsmitgliedern waren drei unter deren fünf geworden.
In die Nachfolgeregierung , gebildet als Ergebnis der von Kanzler Schüssel mit der
freiheitlichen Parteikrise von 2002 legitimierten Neuwahlen desselben Jahres , über-
nahm die FPÖ ausschließlich ihre drei Korporierten. Diese Episode macht sichtbar ,
dass eine nicht-korporierte AkademikerInnenschicht im personellen Einzugsbereich
der FPÖ sehr wohl existiert , allerdings als vergleichsweise dünn beschrieben werden
muss. Das Verbindungsstudententum stellt vor diesem Hintergrund eine Art Sicher-
heitsnetz zur Verfügung , das zumindest in fachlicher Hinsicht eine gewisse Zuver-
lässigkeit und Berechenbarkeit verbürgt.
Die Regierungsriege der Vizekanzler Haupt und Gorbach ( sechs Positionen , neun
Personen ) war in der Gesamtsicht jener Riess-Passers nicht unähnlich. Der Männeran-
teil stieg wieder an ( von 66,7 % auf 77,8 % ), der AkademikerInnenanteil sank ( von drei
Vierteln auf zwei Drittel ), erneut repräsentierte Böhmdorfer die Burschenschaften.
Hinsichtlich des Korporiertenanteils ist ein gegenüber Schüssel I umgekehrter Trend
feststellbar : Diesmal wurden die Alten Herren im Laufe der Amtsperiode nicht ein- ,
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619