Seite - 465 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Bild der Seite - 465 -
Text der Seite - 465 -
V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
465
( bzw. 60 % der Korporierten ). Die Kärntner Freiheitlichen befanden sich allerdings
länger
– nämlich über 30 Jahre
– unter burschenschaftlicher Führung. Noch vor Ober-
österreich ( 17 Jahre ) liegt in dieser Wertung das Burgenland mit 20 Jahren , die aller-
dings ausschließlich auf das Konto von Langzeitobmann Richard Rezar gehen.48 Durch
die Amtsübernahme von Walter Rosenkranz ( Libertas Wien ) in Niederösterreich 2013
wurde die Vorarlberger Landesorganisation zur einzigen , die noch nie von einem Bur-
schenschafter angeführt wurde.
Um über das bisher Gesagte hinaus auch Unterschiede im Zeitverlauf sichtbar ma-
chen zu können , wurde zu guter Letzt auch eine Erhebung über die Landespartei-
obleute in stichprobenartigen Fünf-Jahres-Schritten durchgeführt. Den Ausgangspunkt
bildete dabei der Parteigründungstag , der 7. April 1956. Im Vergleich der so ermittelten
Stichprobenwerte ergeben sich Spitzen in den Jahren 1966 und 1976 , wo gleichzeitig
in sechs von neun Bundesländern Korporierte als Obleute wirkten , Tiefpunkte dage-
gen am Anfang und gegen Ende des Untersuchungszeitraums ( 1956 und 2006 ) mit je
zwei korporierten Amtsinhabern. Burschenschaften stellten nie mehr als drei der neun
Landesobleute gleichzeitig , dies allerdings gleich in vier der zwölf erhobenen Jahre
( 1966 , 1971 , 1976 und 1996 ).
Die Nationalratsabgeordneten
Der Umstand , dass ein Großteil der österreichischen NationalrätInnen über Landes-
oder Regionalwahlkreise gewählt wird , ermöglicht es , auch aus der Zusammensetzung
der freiheitlichen Nationalratsklubs Aufschlüsse über regional unterschiedliche Re-
krutierungsprofile zu gewinnen.49 Wenn im Folgenden von ‚steirischen Abgeordneten‘
oder solchen ‚aus Wien‘ die Rede ist , so wird damit auf den Wahlkreis Bezug genom-
men.50 Wie schon bei der Betrachtung der Landesparteiobleute tritt auch hier eine
auffallend starke verbindungsstudentische Prägung bestimmter FPÖ-Landesgruppen
zutage. Gut ein Viertel der korporierten Mandatare ( 26,3 % ) und mehr als ein Drit-
tel der akademischen Burschenschafter ( 36,8 % ) stammen aus Oberösterreich , danach
folgen in beiden Wertungen mit jeweils deutlichem Abstand Wien und Niederöster-
48 Rezar war 1940 der damaligen Kameradschaft ‚Johann Gottlieb Fichte‘ beigetreten , unter deren Dach Olym-
pia Wien die NS-Zeit überdauerte ( vgl. Dvorak 2002 , Biographisches Lexikon I/5 , 60 ).
49 Über den VdU lassen sich aufgrund seiner geringen Zahl an korporierten Nationalräten in dieser Hin-
sicht keine brauchbaren Aussagen treffen. Zwei der vier Merkmalsträger kamen aus der Steiermark , je
einer aus Niederösterreich und aus Wien.
50 Für MandatarInnen , die über mehrere Bundesländer umfassende Wahlkreisverbände oder über die Bun-
deswahlliste in den Nationalrat einzogen , wurde auf Grundlage früherer Partei- und öffentlicher Äm-
ter auf Landesebene oder im Bundesrat sowie im Bedarfsfall unter Rückgriff auf Sekundärliteratur ( v. a.
Grillmayer 2006 ) eine Zuordnung getroffen.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619