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V. Burschenschaften und politische Parteien
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reich. Diese Rangfolge spiegelt zum Teil wohl die Größenverhältnisse der Bundeslän-
der sowie die Kräfteverhältnisse der Landesgruppen wieder
– ein Effekt , der sich durch
eine Gegenüberstellung der Zahlen mit den Anteilen der jeweiligen Landesgruppen
an den freiheitlichen Nationalratsmandaten insgesamt51 neutralisieren lässt. Diese Ge-
genüberstellung ergibt , dass etwa der niederösterreichische Anteil an allen FPÖ-Ab-
geordneten in etwa jenem an den Korporierten unter ihnen entspricht , während Ober-
österreich unter den korporierten Mandataren deutlich stärker vertreten ist als in der
Gesamtheit der Abgeordneten ( 15,2 % ). In Tirol stehen dagegen 9,8 Prozent der Man-
datarInnen nur 3,5 Prozent der Korporierten gegenüber , in Kärnten/Koroška beträgt
das Verhältnis 13,6 zu 8,8 Prozent.
Der Verweis auf demographische Eigenheiten von Bundesländern mit Hochschul-
städten scheint auch hier nur begrenzt erklärungskräftig , sind Korporierte doch sowohl
in Tirol als auch in der Steiermark52 , gemessen am Abgeordneten-Anteil der jeweili-
gen Landesgruppe , unterrepräsentiert und fand in Oberösterreich Hochschulleben erst
ab 1966 statt. Neben der unterschiedlich starken Durchdringung der Bundesländer mit
Mittelschulverbindungen wäre demnach erneut die spezifische Verfasstheit der jeweili-
gen Landespartei als Erklärungsfaktor zu veranschlagen. Die besondere Bedeutung des
Wiener Verbindungswesens ( und Wiens als Studien- und Politisierungsort ) findet in
der Wiener Landespartei allerdings nur unzureichend Ausdruck : Ungeachtet des Ge-
burts- bzw. Herkunftsortes gehörte fast die Hälfte aller korporierten FPÖ-National-
räte ( 49,1 % ) einer Wiener Verbindung an. Dahinter folgen die Steiermark ( 15,8 % ) und
Oberösterreich ( 12,3 % ). Es erscheint daher naheliegend anzunehmen , dass auch etwa-
ige Korporiertennetzwerke in den Länderparteien zum Teil in Wien – und dort etwa
im Wiener Korporations-Ring ( WKR ) und im Ring Freiheitlicher Studenten ( RFS )
– ge-
woben bzw. grundgelegt wurden. So sind etwa die Bünde von sechs jener sieben aka-
demischen Burschenschafter , die bislang über einen oberösterreichischen Wahlkreis in
den Nationalrat einzogen , in Wien angesiedelt.
In welchen Landesparteien Korporierte besonders wirksame Netzwerke entfalten , ist
zur Beurteilung ihres Einflusses auf die Gesamtpartei nicht belanglos , weisen die Lan-
desgruppen doch unterschiedlich hohes innerparteiliches Gewicht ( ausgedrückt etwa in
den nach Mitgliedern berechneten Delegiertenzahlen für Bundesparteitage ) auf. Gerade
Oberösterreich mit seinem – wie eben nachgewiesen – vergleichsweise hohen Anteil
51 Hierbei wurden jene MandatarInnen , die ausschließlich über Bundeswahllisten gewählt wurden , nicht
berücksichtigt , um Verzerrungseffekte durch in keiner Landespartei verankerte ‚QuereinsteigerInnen‘ zu
vermeiden.
52 Für die Steiermark fällt zudem auf , dass bis zu den Nationalratswahlen 2013 kein einziger politisch dort
verankerter Nationalrat akademischer Burschenschafter war ; stattdessen kamen die korporierten steiri-
schen Nationalräte aus Corps , pennalen Burschenschaften , dem Akademischen Turnverein ( jeweils 2 )
und aus einem Verein Deutscher Studenten ( 1 ).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619