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V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten
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Götz aufgrund seiner Korporationszugehörigkeit wie auch seines Engagements im
Grazer RFS-Vorläufer Bund unabhängiger Studenten ( BUS ) auch langjährige persön-
liche Verstrickungen mit dem lokalen völkischen Verbindungswesen aufwies. Zudem
sei er sich , so Allesch , seiner Abhängigkeit von den durch den FAV repräsentierten
‚nationalen‘ WählerInnenschichten bewusst gewesen und hätte sich schon aus diesem
Grund „sicher nicht gegen die Nationalen engagiert“.162 Nichtsdestotrotz blockierte
Götz den weiteren Aufstieg der Atterseer zumindest nicht. Einen von ihnen , Helmut
Krünes , machte er zu seinem „engsten Mitarbeiter“; unter seinen im September 1978
ernannten 24 „persönliche( n ) Berater( n )“ fanden sich ebenso mehrere Angehörige des
Attersee-Zusammenhangs wie im Ausschuss zur Erarbeitung des freiheitlichen Pro-
gramms zur Nationalratswahl 1979.163 Auch die Beitrittsverhandlungen der FPÖ mit
der Liberalen Internationale wurden unter Götz’ Amtszeit 1978 aufgenommen und rund
zwei Monate vor seiner Abdankung zum Abschluss gebracht.164 Dennoch enttäuschte
er nach Angaben Frischenschlagers seine jungen Unterstützer : Er habe ihnen nach in-
nen zu autoritär , nach außen zu angriffig und auf inhaltlicher Ebene weniger progres-
siv als erhofft agiert.165
Stärker als die Wahl Götz’ kam jene Stegers einer politisch-ideologischen Richtungs-
entscheidung gleich. Dennoch standen auch hier Korporierte auf beiden Seiten. Die
Bestellung Stegers zum Kandidaten des Bundesparteivorstandes erfolgte Ende 1979 ,
wobei ihm der Vorzug vor dem Burschenschafter und Salzburger Vizebürgermeister
Waldemar Steiner ( Olympia Wien ) gegeben wurde.166 Nach Stegers eigener Darstel-
lung wurde seine Nominierung von einer Reihe älterer Parteigranden durchgesetzt , die
in Abkehr von der unter Götz vollzogenen Festlegung auf die ÖVP als Wunschpart-
ner die Gesprächsbasis zur SPÖ restaurieren wollten. Unter ihnen hätten sich auch
die Korporierten Broesigke und Mahnert befunden.167 Kurz vor der eigentlichen Ob-
mannwahl sprachen sich zahlreiche freiheitliche Spitzenfunktionäre in einer gemein-
samen Erklärung für Steger aus , darunter neben den beiden eben Genannten auch die
Pennalburschenschafter Jörg Kandutsch und Wilhelm Kindl oder Emil van Tongel als
nicht korporierter Vertreter des völkischen Parteiflügels. Gleichzeitig wurde Steger in
einem separaten Aufruf junger Funktionäre von den Atterseern , aber etwa auch von Jörg
162 Interview mit Christian Allesch vom 13. 11. 2009.
163 Grillmayer 2006 , 153 bzw. 154 ; vgl. Piringer 1993b , 112 ( zu Krünes ) und 115 ( zum Programmausschuss )
sowie Grillmayer ( 2006 , 125 ) und Steininger ( 2007 , 75 ) zur Zuordnung der Berater zum Atterseekreis.
164 Vgl. Piringer 1993b , 116 und 123.
165 Telefoninterview mit Frischenschlager vom 27. 3. 2012. Auch Steger ( 1991 , 62 ) wertet die Atterseer Un-
terstützung für Götz im Nachhinein als Fehler.
166 Vgl. Schender 1991 , 60.
167 Vgl. Steger 1991 , 62.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619