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V. Burschenschaften und politische Parteien
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und weist darüber hinaus darauf hin , dass es auch unter den Befürwortern des Re-
gierungskurses Personen gegeben habe , die „in ihren jungen Jahren ( … ) in den Kor-
porationen sozialisiert worden sind“. Ungeachtet dessen seien die Burschenschafter
mehrheitlich hinter Haider gestanden.179
Neben ‚den Burschenschaftern‘ nennt die einschlägige Literatur als Verantwort liche
für den Obmannwechsel v. a. die Kärntner sowie „Teile der steirischen und ( … ) der
oberösterreichischen FPÖ“ ( in letzterem Fall besonders Norbert Gugerbauer ) und den
sogenannten Lorenzener Kreis um den oberösterreichischen Bezirksparteifunktionär
Raimund Wimmer , den Bailer und Neugebauer als „eine informelle , abseits der Öf-
fentlichkeit operierende Plattform deutschnationaler und rechtsextremer Kräfte in der
FPÖ“ charakterisieren.180 Wimmer reklamierte die Installierung Haiders als Verdienst
seines Kreises und wurde der Aula zufolge am Parteitag 1988 vom neuen Obmann auch
explizit für seine Rolle bei der freiheitlichen Kurskorrektur belobigt.181 Mölzer erwähnt
darüber hinaus Gernot Rumpold als wichtigen Akteur – wie Wimmer kein Verbin-
dungsangehöriger.182 Generell griff Haider nach Falkenbergs Beurteilung zur „Instru-
mentalisierung führender Mitglieder , die mit der Politik Stegers unzufrieden waren ,
aber nicht zur deutschnationalen Strömung zählten“.183 In Summe muss der Wechsel
zu ihm somit als Ergebnis einer Koalition unterschiedlicher Gruppen , Motive und In-
teressen begriffen werden. Neben politisch-ideologischen Beweggründen waren dabei
unerfüllte persönliche Ambitionen und/oder persönliche Vorbehalte gegen den Ob-
mann ( beides keine Spezifika dieser speziellen Personalentscheidung ) ebenso im Spiel
wie Sorgen über die schlechten Umfragewerte der FPÖ als Juniorpartnerin der SPÖ ,
der Wunsch nach einem kantigeren Auftreten gegenüber dem Koalitionspartner und
grundsätzliches Unbehagen an der Rolle der Regierungspartei.184
179 Interview vom 13. 11. 2009.
180 Bailer/Neugebauer 1993b , 339 ( vgl. auch 340 ) bzw. 403. Vgl. weiters Falkenberg ( 1997 , 107 ) und Peter
( 1998 , 156 ) zum Lorenzener Kreis , Erstere auch zur Kärntner FPÖ , sowie Oberösterreicher Germa-
nen 1994 , 138 zur Beteiligung Gugerbauers. Zur programmatischen ‚Lorenzener Erklärung‘ des Kreises
von 1989 und deren Parallelen zum Programm der im Jahr zuvor aufgelösten NDP vgl. Lasek 1990 so-
wie ferner Fischer u. a. 1990. Gugerbauer als vermeintlicher Architekt der Ablösung Stegers war mög-
licherweise selbst in den Wimmer-Zusammenhang involviert. Wimmers dahin gehende Behauptung
wurde von ihm zumindest nicht dementiert ( vgl. Lasek 1990 , 134 f. ). Auch schien sein Name auf einer
im ORF-Inlandsreport vom 9. 11. 1989 gezeigten Liste angeblicher Mitglieder auf.
181 Vgl. Aula Nr. 10 / 1989 , 21.
182 Mölzer 1990 , 93. Vgl. umgekehrt zur Rolle der ab 1983 von Mölzer mit verantworteten Aula Gärtner
1993 , 262–264.
183 Falkenberg 1997 , 108.
184 Persönliche Konflikte dürften etwa im Falle Gugerbauers ausschlaggebend gewesen sein , dessen Zer-
würfnis mit Steger Grillmayer zufolge bis in seine RFS-Tage zurückverweist ( vgl. Grillmayer 2006 , 163 ;
ferner ebd., 194 und 201 ). Bailer/Neugebauer ( 1993b , 339 f. ) zufolge blieben diese Spannungen nicht ohne
Auswirkungen auf Gugerbauers Karriereverlauf in der FPÖ unter Stegers Führung.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619