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V.4 Programmatik und Policy-Ebene
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grammes von Bad Ischl 1968 federführend231 und kann , auch auf Grundlage bereits in
diesem Kapitel zitierter Aussagen , als ein Brückenbauer zwischen den Parteiflügeln an-
gesehen werden. Er entsprach damit dem Anforderungsprofil des Parteipräsidiums bei
der Zusammenstellung von Programm-Redaktionskomitees : Die maßgeblichen ideo-
logischen Spektren sollten repräsentiert sein , allerdings im Sinne der Ergebnisorien-
tierung durch konsensorientierte bzw. kompromissbereite Exponenten.232 So bekennt
sich das maßgeblich vom Burschenschafter Mahnert verantwortete Programm auch
zum Ziel einer „Gesellschaftsordnung ( … ), deren höchster Wert die Freiheit des ein-
zelnen Menschen“ ist
– eines Menschen , der „verantwortlich die Gemeinschaft trägt“.233
Ab 1970 wird nach Grillmayers Darstellung der Vereinsstudent Gerulf Stix zur trei-
benden Kraft der Programmentwicklung.234 Corpsier Broesigke aber ist es , der 1972
den Entwurf zum ‚Freiheitlichen Manifest zur Gesellschaftspolitik‘ vorlegt.235 Wenn-
gleich das Dokument allgemein als Ausweis der Liberalisierung der FPÖ in jenen Jah-
ren angesehen wird , verneint Broesigke dezidiert , dass es eine Entwicklung der Partei
in Richtung eines Liberalismus angelsächsischer Prägung markiere.236 Maßgeblichen
Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung des Manifestes hatte der Atterseekreis ge-
nommen.237 Seiner einstimmigen Verabschiedung durch eine erweiterte Bundespartei-
leitung 1973 – u. a. trug auch der Olympe Waldemar Steiner den Entschluss mit – ging
nach Darstellung Frischenschlagers vehementer Widerstand der Kärntner FPÖ vor-
aus , da die ‚nationale Frage‘ im Manifest „grundrechtlich und minderheitenrechtlich
angegangen wurde“.238 Die liberale Wegmarke wurde demnach unter breiter Beteili-
gung von Korporierten ( darunter auch Burschenschafter ) gesetzt , während die ( völki-
sche ) Opposition dagegen
– wie stets
– nicht auf verbindungsstudentische Kreise ein-
gegrenzt werden kann.
1974 beschließt der Parteivorstand die Einrichtung eines ‚Ausschusses für Grund-
satzfragen‘ unter dem Vorsitz Mahnerts. Dessen sechs Mitglieder repräsentieren nicht
weniger als fünf verschiedene Korporationsgattungen , ein einziges Mitglied ( Horst
Schender ) ist nicht korporiert.239 Die programmatische Entwicklung der Partei in
231 Vgl. ebd., 118. Das Bad Ischler Programm ging , obwohl recht knapp gehalten ( vgl. Reiter 1982 , 84–88 ),
im Umfang über das 1956/57 beschlossene Salzburger Kurzprogramm ( ‚14 Punkte‘ ) bereits deutlich hi-
naus.
232 Interview mit Christian Allesch vom 13. 11. 2009.
233 Zit. n. Reiter 1982 , 84.
234 Vgl. Grillmayer 2006 , 125.
235 Vgl. ebd., 127.
236 Vgl. ebd., 128 bzw. Piringer 1993b , 82.
237 Vgl. Piringer 1993b , 65 und Peter 1998 , 149.
238 Telefoninterview mit Frischenschlager vom 27. 3. 2012. Zur einstimmigen Beschlussfassung vgl. Grill-
mayer 2006 , 127 f.
239 Vgl. Piringer 1993b , 89.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619