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V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen
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Götz , sondern nahm etwa im Zuge der Verhaftung mutmaßlicher Südtirolterroristen
und Wiederbetätiger 1961 die Betroffenen
– darunter zahlreiche Olympen
– öffentlich in
Schutz : Die vermeintlichen Extremisten auf der Rechten würden erfunden , um solche
auf der Linken zu verdecken.314 Schon 1957 hatte Krainer sich nach Angaben von Leder
Leoben und Allemannia Graz in einem „vertrauliche( n ) Schreiben“ bei den Grazer und
Leobner Burschenschaften erkundigt , auf welche Weise er die Meraner Hochschul-
wochen unterstützen könne.315 Auch auf der Ebene konkreter politischer Kooperation
zwischen ÖVP und FPÖ waren ( in beiden Parteien ) die steirischen Landesorganisati-
onen tonangebend. Als Teilnehmer der „Kontaktgespräche“ im Vorfeld der National-
ratswahl 1962 , die jedenfalls nach Darstellung von FPÖ-Politikern in eine Koalitions-
zusage der damaligen Kanzlerpartei mündeten , nennt Grillmayer neben Friedrich Peter
ausschließlich Steirer : Krainer und Kanzler Gorbach auf ÖVP-Seite , Alexander Götz
senior ( Vater des späteren Parteiobmannes ) aufseiten der Freiheitlichen.316 1970 war es
die steirische FPÖ , die parteiintern darauf drängte , im Wahlkampf eine Koalitionsprä-
ferenz in Richtung ÖVP zu artikulieren.317 Drei Jahre später sowie 1978 erneut wurde
Götz junior mit den Stimmen der Christkonservativen zum Grazer Bürgermeister ge-
wählt , obwohl beide Male die SPÖ stimmenstärkste Partei geworden und die FPÖ nur
auf dem dritten Platz gelandet war. 1978 blieb die ÖVP Götz verbunden , obwohl die
SPÖ ihr selbst den Bürgermeistersessel angeboten hatte – eine Entscheidung , der der
damalige Landeshauptmann Friedrich Niederl überregionale Bedeutung zuwies.318 Nie-
derls Nachfolger Josef Krainer junior führte als Landeshauptmann ( ab 1981 ) das gute
Verhältnis seines Vaters zum völkischen Korporationsstudententum fort
– auch ideolo-
gisch. So richtete er 1986 eine Grußbotschaft an den Tag der freiheitlichen Akademi-
ker , in welcher er die Steiermark ganz im burschenschaftlichen Sinne als „Grenzland“
und „Bollwerk( ) gegen die Bedrohung aus dem Südwesten“ bezeichnete.319
Überraschend erscheint vor dem Hintergrund all dessen , dass Alois Mock nach
Angaben Stegers diesem 1983 mitteilte , die östlichen Landesgruppen seiner Partei –
314 Vgl. zu den Ereignissen die chronologische Darstellung in Abschnitt IV.3.3 , zu Krainers Aussagen die
Arbeiter-Zeitung vom 3. 12. 1961 , 1.
315 BAK , DB 9 , E. 4 [ A1 ], Niederschrift des ADC-Tages 1957 , 3. Bemerkenswert daran ist , dass Krainer
sich mit dieser Frage just an Burschenschaften wandte , wo sich doch auch das veranstaltende Südtiroler
Kulturinstitut , die Südtiroler Hochschülerschaft vor Ort in Graz oder auch der ÖCV als Ansprechstellen
angeboten hätten. Letzterer , dem Krainer immerhin selbst angehörte , zeigte wie die Burschenschaften
alljährlich in Meran Präsenz.
316 Grillmayer 2006 , 144. Vgl. auch die Arbeiter-Zeitung vom 5. 12. 1961 ( S. 1 ), wo Krainer als führender Ver-
treter des gegen die Große Koalition ( mit der SPÖ ) eingestellten Lagers innerhalb der ÖVP bezeich-
net wird.
317 Vgl. Schmidt 1991 , 45.
318 Vgl. Grillmayer 2006 , 141.
319 Zit. n. Gärtner 1996 , 315 f.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619