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V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen
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Chronik der Oberösterreicher Germanen Erörterungen ihres Festredners zum Stiftungs-
fest 1986 über die Frage , „welchen wirtschaftlichen und kulturellen Problemen sich die
FPÖ in der zukünftigen Politik widmen sollte“ – und referiert ergänzend einen pro-
grammatischen Gugerbauer-Text zu den Aufgaben der Partei.330
Wenngleich die Verwahrungshaltung gegen jede Vereinnahmung durch die Par-
tei mit deren Erfolgslauf unter Haider an Bestimmtheit einbüßte ( und die Partei sich
schließlich ihrerseits wiederholt zu vorsichtigen Distanzierungen veranlasst sah ), exis-
tiert der Gedanke der Überparteilichkeit im völkischen Verbindungswesen Österreichs
bis heute fort und ist der Zugang der völkischen Korporationen ( nicht notwendig ih-
rer einzelnen Mitglieder ) zur Partei nach wie vor instrumentell bestimmt. Nachfolgend
werden die Funktionen erörtert , welche die FPÖ nach Vorstellung ihres verbindungs-
studentischen Vorfelds – nicht jedes einzelnen Korporierten , wohl aber einer dieses
Vorfeld ideologisch dominierenden politischen Klasse ( vgl. Kapitel III.2.2 ) – über den
Untersuchungszeitraum für die Korporationen wahrzunehmen hatte.
Umsetzung politischer Anliegen , Agenda-Setting und Meinungsbildung
Die erste und offenkundigste Erwartung an die FPÖ bestand darin , in der politischen
Arena im Einklang mit völkischen Grundsätzen zu agieren und sich im Rahmen ihrer
Möglichkeiten für eine diesen entsprechende Allokation staatlicher Ressourcen , Ge-
setzgebung und symbolische Politikgestaltung einzusetzen. Dabei waren jene Grund-
sätze wohl zumindest bis in die 1970er-Jahre in der Partei breit genug verankert , um
auf ihre Umsetzung abstellendes Lobbying durch völkische Vorfeldorganisationen –
darunter prominent , nicht aber allein die Burschenschaften
– zu erübrigen.331 Teil der
genannten Funktion war es auch , völkische Anliegen als Themen zu setzen bzw. prä-
sent zu halten , zumal solche , die ohne dieses Zutun im tagespolitischen Diskurs kaum
mehr Platz gefunden hätten. Als wichtigste Beispiele sind einmal mehr das Deutsch-
tumsbekenntnis und die seit der Autonomielösung außerhalb deutschnationaler Kreise
in Österreich kaum mehr als virulent angesehene Südtirolfrage zu nennen. Im Fall von
Themen , die ohnehin auf der politischen Agenda standen , erschien die Partei als Ins-
trument zur Beeinflussung der laufenden Debatten im völkischen Sinne.332 Die Mög-
330 Oberösterreicher Germanen 1994 , 138.
331 Als ein Beispiel sei die geschlossen ablehnende Haltung der FPÖ zur Erhebung des 1965 eingeführ-
ten österreichischen Nationalfeiertages zum gesetzlichen Feiertag 1967 erwähnt ( vgl. dazu Spann 1997 ,
158 f. ).
332 So berichtet Otto Scrinzi über das 1987 von ihm vermittelte Treffen der Burschenschafter und Partei-
chefs Haider ( FPÖ ) und Burger ( NDP ), dass dort u. a. „eine Zusammenarbeit für die Auseinanderset-
zung mit dem 13. März 1938“ erörtert worden sei , „da das Gedenkjahr 1988 sicher zu einem Generalan-
griff auf die historische Wahrheit genutzt“ werde ( zit. in der Arbeiter-Zeitung vom 15. 3. 1988 , 4 ).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619