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V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ
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dass verlässliche Rekrutierungswege jenseits des völkischen Korporationswesens ( und
zumal für gehobene Ämter ) der Partei bis heute nicht zur Verfügung stehen. Das Un-
vermögen und der phasenweise auch fehlende Wille , sie auf- bzw. auszubauen , verlän-
gerten nicht nur die Abhängigkeit der Partei von den Korporationen bis ins Heute ,
sondern trugen – neben traditionellen Rollenbildern – auch das Ihre zur Aufrechter-
haltung eines selbst im Vergleich mit den anderen Parteien auffälligen Männerüber-
hangs in den oberen FPÖ-Rängen bei. Umgekehrt verkleinerte der wesentlich ideolo-
gisch bestimmte Verzicht auf Frauen den Pool potenzieller personeller Alternativen zu
den Korporierten entscheidend.383
Korporationen als Kompetenzzentren
Wie bereits in Abschnitt V.4 ausgeführt , waren Korporierte innerhalb der FPÖ
– ange-
sichts ihres Status als akademisches Rückgrat derselben wenig verwunderlich – in Sa-
chen Programmarbeit und Politikformulierung zumeist an vorderster Front engagiert.
Wenngleich sie den Kurs der Partei in durchaus unterschiedlicher Weise mitgestalteten ,
ist der Einfluss des völkischen Korporationswesens als Kollektiv ( einschließlich der Aula
als Sprachrohr des Verbindungs-Mainstreams ) als klar konservativ und radikalisierend
einzustufen. Was die Bedeutung der Korporierten für die freiheitliche Politikgestaltung
betrifft , macht es Sinn , zwischen der Ebene von Grundsatzdebatten und -programmen
einerseits und jener der Sachpolitik andererseits zu unterscheiden. In ersterer Hinsicht
war die Rolle von Korporierten dominant , unter dem Gesichtspunkt von Breitenwirkung
und Wahlerfolgen aber dennoch wenig bedeutsam , da jene Grundsatzfragen stets v. a. die
Eliten und die traditionelle Kernklientel der Partei umtrieben ( und Korporierte somit
darüber überwiegend in Dialog mit sich selbst bzw. ihresgleichen traten ).384
Weit wichtiger für den politischen Erfolg der FPÖ war die Mitwirkung von Kor-
porierten an der Formulierung , Vertretung und Implementierung konkreter Policies.
Hier kam die Sachkompetenz der korporierten Akademiker ebenso zum Tragen wie
ihre ( im innerparteilichen Vergleich ) überdurchschnittliche Fähigkeit , den Experten
und Eliten anderer Parteien in Inhalt und Stil auf Augenhöhe zu begegnen. Im Be-
die Burschenschafter.“ ( http://diepresse.com/home/meinung/marginalien/664906/HeinzChristian-Stra-
che-und-seine-vielen-Aussenpolitiker , Artikel vom 24. 5. 2011 )
383 Vgl. dazu die in Abschnitt V.1 beschriebene Entwicklung der 1990er-Jahre , als steigende Frauenanteile
im Nationalratsklub mit gesunkenen Korporiertenanteilen Hand in Hand gingen.
384 Als ein Ort zur Austragung solcher Debatten ist das 1974 unter der Ägide des FBW aus der Taufe ge-
hobene Periodikum Freie Argumente zu nennen , das zum einen die breiter rezipierte Neue Freie Zei-
tung , zum anderen ( und im stärker grundsatzorientierten Bereich ) die außerparteiliche Aula ergänzte.
Daneben gab das Bildungswerk auch diverse Einzelpublikationen heraus. Peter ( 1988 , 144 ) weist zu-
dem auf die impulsgebende Funktion auch des FBW-Bildungshauses in Baden ( errichtet ebenfalls
1974 ) hin.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619