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IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik
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legen.445 Der Ertrag soll einem Bund aufrechter Südtirolfreunde zugutekommen , der erst
kurz zuvor vom Brixen Herwig Büchele zusammen mit „anderen Burschenschaftern“
gegründet worden sei , um das Südtiroler Selbstbestimmungsstreben „mit allen Mit-
teln“ zu unterstützen.446 Die Zahlungen sollen an die kommende DBÖ-Vorsitzende
( Brixia selbst ) geleistet und vom Volkstumsreferenten der DBÖ ( Büchele höchstper-
sönlich bzw. ein ihm auf Vorschlag Olympias447 nachfolgender Bundesbruder ) verwal-
tet werden. Zur Antragsbegründung wird lediglich – ohne jede weitere Ausführung –
auf „( d )ie Lage in Südtirol“ verwiesen , als Verwendungszweck führen die Innsbrucker
kryptisch die „Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechtes für Südtirol“ an.448 Ver-
gangene Erfahrungen lassen Einsprüche offenbar unvorstellbar erscheinen. Entspre-
chend gereizt reagieren die Brixen , als doch Fragen gestellt werden : Es sei „eine Un-
geheuerlichkeit , wenn ein Burschenschafter auch nur die geringsten Bedenken hätte ,
den Volkstumskampf der deutschen Volksgruppe in Südtirol mit S 10.-- zu unterstüt-
zen“.449 Nichtsdestotrotz pocht der Vertreter Suevias auf „eine detailierte [ sic ] Auskunft
über die Verwendung der Mittel“, zumal ansonsten „diesen Herren vom BAS … mit
diesem Geld eine Blankovollmacht in die Hände geben [ sic ] werde“. Explizite Nen-
nung erfährt dabei neben Büchele auch Burger , dessen Olympia , mutmaßlich reprä-
sentiert durch Burger selbst , den Brixen in der Debatte sekundiert.450 Auch der De-
legierte Gothias befürchtet vielsagend , dass „den Spendern eventuell eine Fehlleistung
zur Last gelegt werden könnte“.451
445 BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Anlage 1 ( Dringlichkeitsanträge ) zum Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , o. S.
446 BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Anlage 2/6 zum Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , 10. Anders als der Befreiungs-
ausschuß Südtirol tauchen die dasselbe Akronym führenden Südtirolfreunde in der einschlägigen Sekun-
därliteratur nicht auf. Plausibel erscheint , dass es sich dabei um eine Tarnbezeichnung für den ‚richti-
gen‘ BAS handelte , der eigentlicher Nutznießer der Geldbeschaffungsaktion sein sollte. Wintersberger
vermutet im Interview vom 4. 1. 2012 , dass die Namensschöpfung bei Bedarf ( etwa : bei Öffentlichwerden
des DBÖ-Protokolls ) eine Distanzierung ermöglichen sollte. In jedem Fall scheint ein Zusammenhang
der Initiative mit der wenige Wochen zuvor abgehaltenen Landesversammlung der SVP nahe liegend
( vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Anlage 2/6 zum Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , 10 und das Protokoll des
DBÖ-Tages 1960 , 2 im selben Bestand ). Eine knappe Mehrheit der Delegierten hatte dort die program-
matische Ersetzung der Autonomie- durch die Selbstbestimmungsforderung verhindert.
447 Vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , 8.
448 BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Anlage 1 zum Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , o. S.
449 BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , 6.
450 Ebd. Tags darauf leistet der Sueven-Delegierte Abbitte bei Burger und Büchele und spricht ihnen sein
Vertrauen aus ( vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Protokoll der gemeinsamen Sitzung des DBÖ- und Alther-
rentages 1960 , 15 ). Mit dem BAS sind im vorliegenden Zitat offenbar die Südtirolfreunde gemeint. An-
sonsten findet das Kürzel in diesem Buch ausschließlich für den historisch verbürgten Befreiungsaus-
schuß Verwendung.
451 BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Protokoll der gemeinsamen Sitzung des DBÖ- und Altherrentages 1960 , 15.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619