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V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
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Personen ( zwei Perioden oder mehr ). Bleibt der Männeranteil im erstgenannten Fall
fast ident , steigt er bei den MehrfachmandatarInnen um drei Prozentpunkte auf 86,8
Prozent an , der AkademikerInnenanteil von 44,1 auf 47,6 und schließlich 51,5 Prozent.
Der Korporiertenanteil liegt schon im Fall der 204-köpfigen Ausgangsgruppe mit
27,9 Prozent deutlich höher als zu VdU-Zeiten : Unter allen Personen , die bis März 2014
für die FPÖ im Nationalrat saßen , gehörte mehr als jede vierte einer völkischen Verbin-
dung an.15 Unter den männlichen Abgeordneten beträgt der Anteil 32,2 Prozent , unter
den AkademikerInnen 42,2 Prozent. Statistisch gesehen war es demnach wahrschein-
licher , als nicht korporierter Mann in den FPÖ-Nationalratsklub einzuziehen denn
als nicht korporierte/-r Akademiker/-in. Unter den Akademikern bildeten die Verbin-
dungsstudenten eine ( wenn auch knappe ) Mehrheit : Nicht weniger als 52,1 Prozent al-
ler Hochschulabsolventen , die im Untersuchungszeitraum ein Nationalratsmandat für
die FPÖ bekleideten , waren korporiert. Wie schon der Männer- und der Akademi-
kerInnenanteil , so steigen auch die Korporierungsquoten , je stärker das Sample nach
Amtszeit eingegrenzt wird.16 Der allgemeine Korporiertenanteil erhöht sich unter den
ParlamentarierInnen mit mindestens einer vollen Amtszeit auf 29,3 und bei den Lang-
zeit- bzw. MehrfachmandatarInnen gar auf 38,2 Prozent. Die Anteile von Korporierten
an den männlichen Abgeordneten und an den AkademikerInnen weisen eine ähnliche
Entwicklung auf ( 32,2 % – 35,2 % – 44,1 % bzw. 42,2 % – 44,3 % – 54,3 % ). Die in diesen
Zahlen zum Ausdruck kommende längere Verweildauer korporierter Abgeordneter ( die
üblicherweise auch mit größerem Einfluss im Klub einhergeht ) unterstreicht die popu-
läre Wahrnehmung der ‚Alten Herren‘ als personeller Kernbestand der FPÖ.17 Gleich-
zeitig ist zu betonen , dass dieser Status nicht mit einer Monopolstellung zu verwech-
seln ist , auch nicht in Bezug auf den engen Kreis akademisierter Langzeitmandatare :
Eine Reihe nichtkorporierter ( männlicher ) Abgeordneter mit hoher Verweildauer –
15 Lediglich zwei Abgeordnete gehörten dem katholischen Verbindungswesen ( einmal ÖCV , einmal Mit-
telschüler-Kartell-Verband/MKV ) an. Diese Fälle wurden in dieser und den folgenden Berechnungen von
Korporiertenanteilen ( mit Ausnahme jener , die sich explizit auf akademische Burschenschaften bezie-
hen ) aufgrund der Parallelen zwischen katholischen und völkischen Verbindungen v. a. im Männerbün-
dischen mit einbezogen. Im Weiteren wird darauf nicht mehr gesondert hingewiesen.
16 Dies gilt interessanterweise nur für Korporierte im Allgemeinen , nicht aber für Burschenschafter , deren
Anteile an den freiheitlichen MandatarInnen insgesamt und an den längerfristig Amtierenden unter ih-
nen keine auffälligen Unterschiede aufweisen.
17 Die Annahme , dass die Ausklammerung von KurzzeitmandatarInnen eine Population mit besonders ho-
hem innerparteilichen ‚Standing‘ abbilden helfe , ist allerdings nicht zuletzt unter Verweis auf den Umstand
zu relativieren , dass sie neben bloßen ‚PlatzhalterInnen‘ auch Personen aus der Untersuchung entfernt ,
die den Nationalrat in Richtung eines gewichtigeren Amtes ( wie etwa Minister oder Rechnungshofprä-
sident ) verließen. Ein weiterer zu berücksichtigender statistischer Effekt der Ausklammerung besteht in
der für manche Legislaturperioden beträchtlich sinkenden Größe der Kohorte ( für die von hoher Abge-
ordnetenfluktuation gekennzeichnete Periode 1990 bis 1994 etwa um die Hälfte von 42 auf 21 ) und ent-
sprechend sinkender Aussagekraft.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619