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V. Burschenschaften und politische Parteien
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richtung sabotiert hätten , finden sich korporationsferne Personen wie Herbert Schwei-
ger und Raimund Wimmer ebenso wie der Burschenschafter Norbert Burger.143 Zu-
dem habe er , Peter , sich als Parteiobmann immer wieder veranlasst gesehen , sich von
„extremen Erklärungen“ in der Korporiertenzeitschrift Aula zu distanzieren.144 Mit
Burgers Parteiaustritt und der NDP-Gründung sei es „( r )uhiger am rechten Rand der
FPÖ“ geworden.145 Just am Parteitag 1966 , der den Absprung Burgers markiert , wird
Vereinsstudent Otto Scrinzi zu einem der Stellvertreter Peters gewählt und „gilt fortan
als Vertreter des ‚nationalen‘ Flügels innerhalb der FPÖ“.146
Peter richtete als Parteiobmann ( 1958 bis 1978 ) nach eigenem Bekunden sein Stre-
ben „auf das Ziel einer Regierungsbeteiligung aus( )“.147 Dazu habe die „Festigung de-
mokratischer Glaubwürdigkeit“ ebenso gehört wie „sachbezogene Arbeit“ und die De-
monstration von Paktfähigkeit und Kooperationsbereitschaft anstelle eines chronischen
„Nein der Ablehnung“148 – also eine Absage an jene kompromisslose Oppositionshal-
tung , die in burschenschaftlichen Kreisen populär war ( vgl. Kapitel III.6.2 ). Vor dem
Hintergrund dieses Programms war es nur naheliegend , dass Peter zum Förderer des At-
terseekreises wurde. Dieser war Anfang der 1970er-Jahre von RFS-Veteranen gegründet
worden , um die in der Hochschulpolitik begonnene Arbeit an liberal inspirierten politi-
schen Reformideen auf anderer Ebene fortzusetzen.149 Friedhelm Frischenschlager , einer
Zentralfigur des Kreises , zufolge , bestand der Zusammenschluss zu „sicherlich ein( em )
Drittel“ aus Korporierten ; Stimmer ermittelte einen Anteil von „etwa 53 %“.150 Ange-
143 Vgl. Peter 1998 , 147 ( Schweiger , Burger ) bzw. 156 ( Wimmer ).
144 Ebd., 144.
145 Ebd., 147. Manche Gegner des Liberalisierungskurses übten ihre Opposition allerdings auch in den
1970er-Jahren parteiintern aus – etwa im sogenannten ‚Reinthaller-Kreis‘ der niederösterreichischen
FPÖ um den Kremser Parteiobmann Helmuth Weiss ( vgl. die Neue Freie Zeitung Nr. 47 / 1977 bzw. Neu-
gebauer 1981b , 318 ). Vorbehaltlich zufälliger Namensgleichheit handelt es sich bei Weiss um einen Bur-
schenschafter ( Gothia Wien ). Liberale Impulse gingen demgegenüber in den 1970er-Jahren u. a. vom
Ring Freiheitlicher Jugend ( RFJ ) aus , der zwischen 1971 und 1975 unter Jörg Haiders Führung stand ( vgl.
Grillmayer 2006 , 126 und 147 ).
146 Grillmayer 2006 , 116 f. Zu Scrinzis eigener Sicht auf den Flügelkampf vgl. seine Autobiographie , ins-
besondere den Abschnitt „Auf leisen Sohlen nach linksliberal“ ( Scrinzi 2003 , 260–265 ).
147 Peter 1998 , 152. Kraus gibt zudem an , Peter habe ihm gegenüber seine Absicht bekundet , „die Nationa-
len wieder ins liberale Lager zu führen“ ( Kraus 1988 , 297 ).
148 Peter 1998 , 148. Den Kurs der FPÖ zur Zeit der SPÖ-Alleinregierungen ab 1970 beschreibt Peter als ei-
nen der „differenzierte( n ) Opposition“ ( ebd., 152 ).
149 Grillmayer ( 2006 , 125 ), selbst ‚Atterseer‘ , nennt 1971 als Gründungsjahr , Frischenschlager gibt im Tele-
fon-Interview vom 27. 3. 2012 den Herbst 1970 als Startpunkt an. Die nicht nur politische , sondern auch
materielle Unterstützung des Kreises durch Peter war Frischenschlager zufolge von Beginn an gegeben.
Der Name des Zusammenschlusses geht auf das FPÖ-Heim am Attersee ( ‚Anton-Reinthaller-Haus‘ )
zurück , das Peter dem Kreis für seine Treffen zur Verfügung stellte ( vgl. Grillmayer 2006 , 114 ). Zum
Wirken der ‚Attersee-Generation‘ im RFS bzw. in der ÖH vgl. Kapitel IV.1.3.
150 Interview mit Frischenschlager vom 11. 12. 2009 bzw. Stimmer 1997 ( Band II ), 1044.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619