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V. Burschenschaften und politische Parteien
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Haider unterstützt.168 Für seinen Gegenkandidaten Harald Ofner setzten sich u. a. die
Burschenschafter Steiner , Norbert Gugerbauer ( Oberösterreicher Germanen ) und Klaus
Turek ( Cheruskia Graz ) ein.169 Die Obmannkür am außerordentlichen Bundespartei-
tag 1980 sah Steger als Sieger ; entgegen gängiger Zuschreibungen hatte der korporierte
Liberale sich mit Unterstützung zahlreicher Korporierter gegen den nichtkorporierten
Vertreter eines konservativeren Kurses durchgesetzt.
Der Eintritt der FPÖ in die Bundesregierung 1983 brachte zahlreiche Korporierte
in hohe öffentliche Ämter oder zumindest für solche ins Gespräch. Über die tatsäch-
lichen Regierungsmitglieder hinaus ( vgl. Abschnitt V.1.1 ) waren Steger zufolge die
Burschenschafter Haider , Gugerbauer und Kapral für Staatssekretariatsposten vor-
gesehen.170 Der Landsmannschafter Helmut Günther amtierte ab 1984 als stellvertre-
tender Kabinettschef Stegers , Büroleiter von Verteidigungsminister Frischenschlager
wurde dessen Attersee-Kollege Erich Reiter171. Allerdings waren es nicht zuletzt auch
Korporierte , die der sozial-liberalen Regierung Probleme bereiteten. Frischenschla-
ger nennt insbesondere Andreas Mölzer ( damals Aula-Schriftleiter ) als hartnäckigen
Kritiker des freiheitlichen Regierungsteams.172 Peter streicht die Rolle Haiders her-
vor , dem er eine „ständige( ) Zersetzungstaktik“ unterstellt , die Peter allerdings weni-
ger auf ideologische Vorbehalte als auf persönliche Karriereinteressen zurückführt.173
Mölzer selbst identifizierte im Jahr nach dem freiheitlichen Regierungsantritt Haider ,
Ofner , Gerulf Stix und Gugerbauer als verlässliche Repräsentanten des „nationale( n )
Flügel( s )“ der FPÖ – zwei davon Burschenschafter , drei korporiert.174
168 Vgl. Piringer 1993c , 2.
169 Vgl. Schender 1991 , 62. Die Unterstützung Gugerbauers für Ofner überrascht insofern , als Peter ihn
dem Atterseekreis zurechnet , während er anmerkt , dass Steger-Unterstützer Haider dort „kaum“ an-
zutreffen gewesen sei und im Kreis auch „keine Rolle gespielt“ habe ( Peter 1998 , 144 ). Auf die persön-
lichen Differenzen zwischen Gugerbauer und Steger wird noch zurückzukommen sein.
170 Vgl. Steger 1991 , 66 f. Steger erwähnt lediglich einen „Dr. Kaprall [ sic ]“, von einer Übereinstimmung
mit dem Wiener Gothen und dem späteren freiheitlichen Bundesrat Peter Kapral ist jedoch auszugehen.
171 Dieser hatte Frischenschlager zufolge kurz zuvor eine Initiative zur inneren Reform des deutschnatio-
nalen Verbindungswesens gestartet , die erfolglos verlaufen war ( vgl. Kapitel III.5.5 ). Der spätere Austritt
Reiters aus seiner Grazer Burschenschaft Cheruskia stand damit nicht in direktem Zusammenhang.
172 Interview vom 11. 12. 2009.
173 Vgl. Peter 1998 , 153 f. ( Zitat : 154 ). U. a. habe Haider die ( vorgeblichen ) Abspaltungsbestrebungen Scrin-
zis öffentlich gutgeheißen ( vgl. ebd., 153 , unter Verweis auf den Kurier vom 29. 4. 1984 ).
174 Aula Nr. 7–8 / 1984 , 6. Noch in Heft Nr. 5 / 1984 ( S. 6 ) hatte Mölzer allerdings auch an Ofner , dem Nicht-
korporierten in der Runde , Kritik geübt – konkret an dessen Meinung , die FPÖ sollte sich um „ös-
terreichische Patrioten“ bemühen , da der Deutschnationalismus in der breiten Masse der Bevölkerung
keine Attraktivität mehr besäße. Gugerbauers Einstufung als klassischer ‚Nationaler‘ nach Mölzers Ge-
schmack widerspricht nicht nur der Einschätzung Frischenschlagers ( Interview vom 11. 12. 2009 ), son-
dern tendenziell auch seiner Vergangenheit im Atterseekreis , seinen an verschiedenen Stellen dieses
Buches erwähnten Positionierungen in burschenschaftlichen Debatten sowie seiner allgemein eher mo-
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619