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VI.2 Zur burschenschaftlichen Politikfähigkeit
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raschend , aus Österreich , da
– so Leder Leoben
– die DB mit einem solchen Beschluss
auch die Existenz einer österreichischen Nation anerkennen würde. Die österreichi-
schen Delegierten stimmten geschlossen gegen den Antrag.58
Freilich gab es durchaus auch in Österreich innerburschenschaftliche Stimmen , die
einen pragmatischen Kurs in dem Sinne vertraten , dass zwar Grundwerte beibehal-
ten , aber auf der Höhe der Zeit und nötigenfalls auch unter taktischen Rücksichtnah-
men vertreten werden sollten. Dies bezeugt nicht zuletzt das Scheitern von Unbeding-
ten wie Stüber und Burger , auch wenn beide gerade in Burschenschafterkreisen eine
ebenso treue wie überschaubare Basis vorfanden. Der im Gegensatz zu diesen beiden
( kurzzeitig ) höchst erfolgreiche Burschenschafter-Politiker Gugerbauer pochte bereits
vor Beginn seiner FPÖ-Laufbahn , gewandt an seine Bundesbrüder bei den Oberöster-
reicher Germanen , darauf , dass „auch ein auf seine Prinzipientreue pochendes Gemein-
wesen“ bisweilen der „Kompromißfähigkeit“ bedürfe , um nicht handlungsunfähig zu
werden , und warnte vor „besonders forschem und radikalem Auftreten“ gegenüber den
liberaleren Bünden innerhalb der DB.59 Ein solches Politikverständnis war auch der
demokratischen Parteienauseinandersetzung angemessen , damit aber nicht unbedingt
repräsentativ für das Burschenschaftswesen in Österreich insgesamt. Andere Stimmen
forderten Kompromissbereitschaft dezidiert nur für den innerburschenschaftlichen Ver-
kehr ein60 , wieder andere
– wie zuvor anhand der DB gezeigt
– nicht einmal dort. Ge-
rade im Auftreten gegenüber den bundesdeutschen Verbindungen zeigten die Öster-
reicher sich von der Richtigkeit und Alternativlosigkeit ihrer eigenen Auslegung der
burschenschaftlichen Idee stets überzeugt.
Unter dem Gesichtspunkt der Politikfähigkeit von Burschenschaftern ist Kompro-
missunfähigkeit bzw. -unwilligkeit aufgrund der damit einhergehenden Unfähigkeit zu
gelingender Kooperation mit anderen ( d. h. auch andersdenkenden ) politischen Kräften
sowie zu taktischem Verhalten von Belang , wie Friedrich Peters Klage über das häu-
fige Beharren „auf dem Justamentstandpunkt“ durch „manche Exponenten der Natio-
nalen“ verdeutlicht.61 Gleichzeitig weist Peter darauf hin , dass diese rigoristische Di-
sposition stets auch „Verlässlichkeit“ und eine besondere Resistenz gegen Druck von
außen verbürgt habe. Der „Idealismus“, das „Pflichtbewußtsein“ und die „Opferbereit-
schaft“ der ‚Nationalen‘ habe „die freiheitliche Gesinnungsgemeinschaft durch deren
58 BAK , DB 9 , B. VI. Burschentage ( a ), Niederschrift des DB-Burschentages 1975 , 30 f. bzw. 42 f. für die Er-
gebnisse der namentlichen Abstimmung.
59 So Gugerbauer in einem internen Bericht von 1975 , zit. in Oberösterreicher Germanen 1994 , 63.
60 Vgl. etwa Teutonia 1968 , 111
– wo die Kompromissbereitschaft von der Absicht getragen ist , äußeren Be-
drohungen stark und geeint gegenübertreten zu können – oder generell die Erziehung zur Akzeptanz
von Mehrheitsentscheiden im Rahmen des Convents.
61 Peter 1998 , 142.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619