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11. Herbert Feigl : Pragmatische Moralbegründung
400 zentralen Begriffe und Methoden des Wertens zu klären. Als erfolgreichste Methode hier-
für erscheint ihm die logische Rekonstruktion , in der so weit hilfreich die moderne Lo-
gik angewandt werden sollte :
But formalization and axiomatization is needed only for the more exact and exacting purpo-
ses. “Half-way stations” toward ideal language formulations are often quite sufficient for the
solution of problems in the general theory of knowledge , moral philosophy
– and even in the
philosophy of science. ( Feigl 1974 [ 1981 , 11 ])
Feigl hält darüber hinaus an einem empiristischen Sinnkriterium für Tat sachen be haup-
tun gen fest :
“A difference must make a difference in order to be a cognitive difference”
– this is the way I
keep paraphrasing what is common to the views of C. S. Peirce , William James and the Logi-
cal Empiricists. The difference between an assertion and its denial must in principle be open
to at least partial and indirect observational test , otherwise there is no factual meaning pre-
sent in the assertion. ( Feigl 1974 [ 1981 , 13 ])
Er unterstützt jedoch nicht das Kriterium der Methode der Verifikation :
In keeping with the semantic explication of the conception of truth , I suggest that the cog-
nitive meaning of a factual statement consists in its truth conditions. ( Feigl 1963 [ 1981 , 43 ])
Umfassender ist sein Philosophiebegriff hingegen dort , wo er sagt :
Naturalism and humanism should be our maxim in philosophy and in education. A Scientif-
ic Humanism emerges as a philosophy holding considerable promise for mankind – if man-
kind will at all succeed in growing up. ( Feigl 1949 [ 1981 , 377 ])
Philosophie umfasst hier auch eine Werthaltung und ist ausdrücklich so umfangreich , wie
sie sich nach meiner Interpretation bereits in der Programmschrift 1929 findet. Ob Feigl
diesen umfassenden Philosophiebegriff bis 1959 tatsächlich aufgegeben hat , wie Reisch
( 2005 , 360 f. ) behauptet , bleibt noch genauer zu erforschen , würde jedoch über die The-
matik dieser Untersuchung zu weit hinaus führen.539
539 “Philosophy of science made its home on the icy slopes of logic when it adopted a conception of val-
ues as absolute and isolated from scientifically informed study and criticism.” ( Reisch 2005 , 364 ) Bei
Reisch entsteht der Eindruck , Feigl habe diese Entwicklung unterstützt. Dies sehe ich nicht so , zu-
mindest nicht , sofern seine Werttheorie betroffen ist. Feigl kommt weder zu einer Auffassung von
Werten als absolut noch wird die Wissenschaft von ihrer Kritik ausgenommen. Die Wissenschaft
spielt sowohl in der Untersuchung der logischen Begründung als auch in der pragmatischen Begrün-
Ethik und Moral im Wiener Kreis
Zur Geschichte eines engagierten Humanismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ethik und Moral im Wiener Kreis
- Untertitel
- Zur Geschichte eines engagierten Humanismus
- Autor
- Annemarie Siegetsleitner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79533-9
- Abmessungen
- 16.9 x 23.9 cm
- Seiten
- 450
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 13
- 2. Terminologische Klärungen 37
- 3. Moral und Ethik im Wiener Kreis und die Standardauffassung logisch- empiristischer Ethik 52
- 4. Das kulturelle Umfeld des politischen und moralischen Engagements 67
- 5. Rudolf Carnap : Individualistischer Dezisionismus und wissenschaftlicher Humanismus 89
- 5.1 Einleitung 89
- 5.2 Carnaps Konzeption von Moral und Ethik vor der Wiener-Kreis-Periode 92
- 5.3 Carnaps Konzeption von Moral und Ethik in der Wiener-Kreis-Periode 111
- 5.3.1 Der logische Aufbau der Welt ( 1928a ) und die Konstitution von Werten 111
- 5.3.2 Scheinprobleme in der Philosophie ( 1928b ) 120
- 5.3.3 „Wissenschaft und Leben“ ( 1929b ) 123
- 5.3.4 „Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“ ( 1931/32 ) 129
- 5.3.5 „Theoretische Fragen und praktische Entscheidungen“ ( 1934a ) 133
- 5.3.6 Philosophy and Logical Syntax ( 1935 ) 136
- 5. 3. 7 Carnaps moralische Haltung : wissenschaftlicher Humanismus 138
- 5.3.8 Carnaps individualistischer Dezisionismus und die Lebenspraxis 141
- 5.3.9 Möglichkeiten und Grenzen der Ethik 148
- 5.4 Spätphase : Optative 149
- 5.5 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 160
- 6. Karl Menger : Mathematische Modelle für ein verträgliches Zusammenleben 163
- 6.1 Einleitung 163
- 6.2 Mengers Logik der Sitten 168
- 6.3 Mengers Moralauffassung 177
- 6.3.1 Moral 1. und 2. Stufe , Basismoralen 177
- 6.3.2 Sinn und Zweck der / einer Moral 177
- 6.3.3 Kritik am Kategorischen Imperativ 179
- 6.3.4 Mengers Konzeption der Moralsprache : Semantischer Nonkognitivismus 180
- 6.3.5 Moralische Erkenntnis : Fundamentaler Nonkognitivismus und systemimmanenter Kognitivismus 182
- 6.4 Mengers Ethikverständnis 186
- 6.5 Menger und die Angewandte Ethik 193
- 6.6 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 194
- 7. Otto Neurath : Moral auf der Grundlage gemeinsam beschlossener humanistischer Lebensgrundsätze und Ethik in der Einheitswissenschaft 196
- 8. Philipp Frank : Pragmatische Ethik und relativierte Moral 251
- 9. Moritz Schlick : Eudämonistische Ethik als Weisheitslehre 265
- 10. Victor Kraft : Zwei-Komponenten-Kognitivismus und rationale Moralbegründung 332
- 10.1 Einleitung 332
- 10.2 Krafts moralische und ethische Auffassungen in der Wiener-Kreis-Periode 337
- 10.3 Krafts moralische und ethische Auffassungen nach der Wiener-Kreis-Periode 371
- 10.3.1 Moralbegründung auf Grundlage der Kultur : Die Grundlagen einer wissenschaftlichen Wertlehre , 2. Auflage ( 1951 ) 371
- 10.3.2 Moralbegründung auf Grundlage natürlicher Ziele : Rationale Moralbegründung ( 1963 ) 374
- 10.3.3 Moralbegründung auf der Grundlage primärer Strebensziele : Die Grundlagen der Erkenntnis und der Moral ( 1968 ) 377
- 10.4 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 383
- 11. Herbert Feigl : Pragmatische Moralbegründung 387
- 12. Systematische Zusammenfassung und allgemeine Schlussbemerkungen 402
- 12.1 Mangelndes Interesse an Moral als Menschen und Bürgerinnen oder Bürger 402
- 12.2 Geteilte moralische Haltung : wissenschaftlicher Humanismus 403
- 12.3 Differenzierungen in den Moralkonzeptionen 404
- 12.4 Differenzierungen in den Ethikkonzeptionen 409
- 12.5 Ausblick auf zukünftige Forschung 412
- 12.6 Allgemeine Schlussbemerkungen 413
- Literatur 417
- Abkürzungen 440
- Bildquellennachweis 440
- Personenregister 441