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Möglichkeiten für die kulturelle und künstlerische Betätigung […]“313 wird im Artikel
31 zu sichern versucht.
Aus der Bedeutung, die der Sicht der Kinder314 und der Lebensphase Kindheit
zukommt, ergeben sich Konsequenzen für den Forschungsprozess. „Die Erforschung
der Sicht der Kinder auf ihre eigene Lebenswelt und auf die Welt der Erwachsenen“
ist nach Fuhs „eine forschungstheoretische Notwendigkeit geworden, da sich heraus-
gestellt hat, dass Kinder oft andere Denk- und Erfahrensweisen, andere Interessen und
einen anderen Geschmack als Erwachsene haben.“315 Zugleich ist sie „Ausdruck eines
gewandelten sozialen und politischen Kindheitsverständnisses, das nicht erst seit der
UN-Kinderrechtskonvention den Kindern eine eigene kindgerechte Partizipation an
allen gesellschaftlich relevanten Bereichen zugesteht.“316 Es reicht nicht aus, kindliche
Bedürfnisse aus der Sicht der Erwachsenen festzulegen, sondern Kinder sind im For-
schungsprozess als Menschen mit eigenem Recht anzusehen.
5.1 Drei Ebenen der Anerkennungsprozesse
Die Anerkennungsprozesse beinhalten drei Ebenen. Bei der Egalitären Anerkennung
wird jedes Kind als Subjekt, als eigenständige Person ernstgenommen, anerkannt und
hat grundsätzlich das gleiche Recht, im Forschungsprozess gehört zu werden.
„Wenn die Erwachsenen die Kinder lassen und wenn sie selbst hinsehen, können sich
Angehörige beider Generationen, aber schon Angehörige der gleichen Generation
gegenseitig erblicken. Sie erkennen sich wechselseitig als sich Anschauende an. In
dieser Perspektive werden Kinder und Erwachsene in einer ‚symmetrisch‘ genannten
Beziehung der egalitären Anerkennung sichtbar, die auf elementaren Gleichheiten
beruht: Beide sind Menschen, die sich im Blickkontakt von gleich zu gleich treffen,
beide sind verletzliche Wesen, beide bedürfen der Nahrung und der anderen Menschen,
beide wurden geboren, beide werden sterben.“317
313 Übereinkommen über die Rechte des Kindes samt Vorbehalten und Erklärungen. In:
BGBl. Nr. 7/1993.
314 Das vorherrschende Bild vom Kind in einer Gesellschaft spiegelt sich auch in den Bildern
von Kindern in der Kunst wider (vgl. Deckert-Peaceman, Heike/Dietrich, Cornelia/Sten-
ger, Ursula (2010): Einführung in die Kindheitsforschung. Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchgesellschaft).
315 Fuhs, Burkhard (2012): Kinder im qualitativen Interview – Zur Erforschung subjektiver
kindlicher Lebenswelten. In: Heinzel, Friederike (Hg.): Methoden der Kindheitsfor-
schung, 80–103, 82.
316 Ebd.
317 Prengel, Annedore (2005): Anerkennung von Anfang an – Egalität, Heterogenität und
Hierarchie im Anfangsunterricht und darüber hinaus. In: Geiling, Ute/Hinz, Andreas:
Integrationspädagogik im Diskurs. Auf dem Weg zu einer inklusiven Pädagogik. Bad
Heilbrunn: Julius Klinkhardt, 15–34, 19.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279