Seite - 117 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
Bild der Seite - 117 -
Text der Seite - 117 -
© Waxmann Verlag GmbH. Nur für den privaten Gebrauch. 117
katholischer Trägerschaft559 werden neben der Betonung der Einmaligkeit und der
Würde jedes Kindes explizit der respektvolle Umgang mit verschiedenen Weltan-
schauungen und Kulturen, die Offenheit für Neues sowie das Willkommensein von
Kindern, die anderen Glaubensgemeinschaften angehören, erwähnt. Im Leitbild ist
außerdem verankert, dass sich religiöse Überzeugungen in der konkreten Gestaltung
des Alltags ausdrücken und unterschiedliche Lebensweisen gegenseitiges Interesse
wecken, das Zugehen aufeinander anregen und helfen, einander besser zu verstehen.
Im Leitbild des Kindergartens in islamischer Trägerschaft wird die ethisch-moralische
Erziehung betont. Es wird zugesichert, dass die Kinder mit ihrer Religion vorurteilsfrei
angenommen und unterstützt werden, indem sie ihre Religion spielerisch lernen und
sich in ihrer religiösen Identität frei entfalten dürfen. Besonders die sozialen Kom-
petenzen wie Toleranz, Achtung vor dem Menschen und Mitgefühl werden betont.560
3. Untersuchungsdurchführung
Da die Person der Forscherin, deren Zugangsweise und deren Eindrücke die Weise
der Untersuchungsdurchführung wesentlich beeinflussen, werden dieses und das fol-
gende Kapitel in der Ich-Form verfasst, um die Subjektivität in diesen beiden Kapiteln
besonders zum Ausdruck zu bringen.
3.1 Feldzugang
Der Weg ins Feld ist „als eine nie ganz abgeschlossene Arbeitsaufgabe [zu] begreifen
(und [zu] gestalten), die kooperativ, d. h. gemeinsam mit den vermeintlichen ‚Objek-
ten‘ der Forschung abgewickelt werden muss.“561 Es empfiehlt sich, „nicht nur dem
Feld, sondern auch sich selbst gegenüber auf seiner Naivität zu beharren, um so sein
– tatsächliches oder vermeintliches – Nicht-Wissen so lange wie möglich methodisch
nutzen zu können.“562 Das Ziel der Zugangsarbeit bedeutet einerseits, die Distanz zwi-
schen der Forscherin und dem Feld aufzuheben, andererseits auch die Differenz als
Ressource für den Erkenntnisgewinn zu pflegen und zu nutzen. Die soziale Verortung
der forschenden Person ist häufig durch zwei Schritte charakterisiert: Erstens wird die
generelle Anschlussfähigkeit geprüft. „Es geht dabei um die Frage, ob die erkennba-
ren Eigenschaften der Person (Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit) und ihres
559 Als Referenz für das Leitbild wird der Religionspädagogische BildungsRahmenPlan
herangezogen, vgl. St. Nikolaus-Kindertagesheimstiftung, Wien/Caritas für Kinder und
Jugendliche, Linz: Religionspädagogischer BildungsRahmenPlan für elementare Bil-
dungseinrichtungen in Österreich. Linz: Unsere Kinder 2010.
560 Aufgrund der Anonymität wird auf die Quellenangabe der indirekten Zitate verzichtet.
561 Wolff, Stephan (2012): Wege ins Feld und ihre Varianten. In: Flick, Uwe/von Kardorff,
Ernst/Steinke, Ines: Qualitative Forschung. Ein Handbuch, 334–349, 336.
562 Ebd., 349.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279