Seite - 134 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
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Grundlagen der Grounded Theory besser veranschaulicht und offengelegt werden
kann. Mit diesen Beschreibungen wird gewährleistet, dass trotz der Reduktion und
Abstraktion der Daten anhand der Grounded Theory die Erhebungssituationen erkenn-
bar sind.
3.1 Expertinnen und Experteninterview
3.1.1 Kindergarten in katholischer Trägerschaft
Das fünfundzwanzig Minuten dauernde Gespräch fand am 13. September 2013 von
8:25 Uhr bis 8:50 Uhr im Zimmer der Leiterin statt und war ohne Unterbrechung in
dem ruhigen Raum möglich. Die Kindergartenleiterin antwortete ausführlich auf alle
Fragen und äußerte sich sowohl mir als auch dem Projekt gegenüber sehr positiv.
Die persönliche Haltung, die Zukunftsvisionen und die Realität im Kindergarten
werden im Interview teilweise vermischt dargestellt, worin die Unzufriedenheit der
Kindergartenleiterin mit der derzeitigen Situation deutlich wird. Gerne würde sie
Veränderungen im Kindergarten bewirken, was aufgrund traditioneller Vorgehens-
weisen für sie schwierig sei. Der Kindergartenalltag sei von katholischen Ritualen
und Festen geprägt, so würden vor dem Essen katholische Gebete gesprochen, die
Feste des christlichen Jahreskreises gefeiert und die Kirche besucht. Gebete anderer
Religionen würden nicht gesprochen, Feste anderer Religionen nicht gefeiert und der
Besuch einer Moschee im letzten Kindergartenjahr wurde betont, was auf fehlende
andere Aktivitäten schließen lässt. Zu christlichen Festen seien alle Kinder eingeladen.
Wenn die Eltern ihr Kind nicht teilnehmen lassen wollten, könnten sie dieses vor dem
Fest abholen. Die Leiterin würde gerne andere Religionen verstärkt in die Planung
und die Durchführung des Kindergartenalltags einbeziehen und ist sich der Bedeutung
einer vorsichtigen und respektvollen Herangehensweise beim Kennenlernen einer
anderen Religion bewusst. So würde sie manche Feste aufgrund der Rücksichtnahme
auf muslimische Eltern nicht in der Kirche feiern wollen, da sie dabei ein „ungutes
Gefühl“601 diesen gegenüber habe. Das religiöse Angebot solle für alle am Kinder-
gartengeschehen Beteiligten passen und Kinder sollten nicht gezwungen werden,
bei etwas mitzumachen, das sie zu Hause anders erlebten. Beim angebotenen Essen
werde generell auf Schweinefleisch verzichtet und bei der Anmeldung würden Eltern
angeben, wenn ihre Kinder vegetarisch essen sollten, der vermutete religiöse Grund
hierfür werde nicht thematisiert.
601 Expertinneninterview mit der Leiterin des Kindergartens in katholischer Trägerschaft,
147.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279