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„Mit Beobachtung wird zielgerichtete, aufmerksame und systematische Wahrnehmung
bezeichnet. Dabei wird den Empfindungen, die den Beobachter affizieren, eine Gestalt
verliehen. Mag sich diese bei der teilnehmenden Beobachtung zuerst intuitiv ausbil-
den, so besteht der Kern des teilnehmenden Beobachtens aus der systematischen Suche
nach Empfindungen, in denen sich früher entdeckte Konfigurationen wiederentdecken
lassen. Teilnehmende Beobachtung wandelt sich demnach von der eher passiven Wahr-
nehmung zur aktiven Suche.“489
Die Beobachtungsprotokolle sind Texte von Forscherinnen und Forschern, „die mit den
ihnen jeweils zur Verfügung stehenden sprachlichen Mitteln ihre ‚Beobachtungen‘ und
Erinnerungen nachträglich sinnhaft verdichten, in Zusammenhänge einordnen und text-
förmig in nachvollziehbare Protokolle gießen.“490 Ob strukturierte Beobachtungsbögen
sinnvoll sind, hängt wesentlich von der Fragestellung und der Phase im Forschungspro-
zess ab. „Je differenzierter ein Beobachtungsbogen ist, desto umfangreicher ist nicht nur
das darin Berücksichtigte, sondern desto größer ist auch die Gefahr, dass darin nicht Vor-
gesehenes weder wahrgenommen noch notiert wird.“491 Um die Sensibilität für Neues
nicht zu stark einzuschränken, verzichtet deskriptive Beobachtung eher auf strukturierte
Bögen, wohingegen diese bei selektiver Beobachtung helfen können, relevante Aspekte,
die im Vorhinein erarbeitet wurden, vollständig zu erfassen.492
6.2 Gruppendiskussion
Die Methode der Gruppendiskussion493 lässt sich im angloamerikanischen Raum bis
in die 1930 Jahre zurückverfolgen. Die vom Sozialpsychologen Kurt Lewin und sei-
489 Ebd.
490 Lüders, Christian (2012): Beobachten im Feld und Ethnographie. In: Flick, Uwe/von
Kardorff, Ernst/Steinke, Ines: Qualitative Forschung. Ein Handbuch, 384–401, 396.
491 Flick, Uwe (2012): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung, 288f.
492 Vgl. ebd., 289.
493 Für eine genauere Beschreibung der Gruppendiskussion siehe beispielsweise Przyborski,
Aglaja/Wohlrab-Sahr, Monika (2014): Qualitative Sozialforschung, 88–102; Bock, Karin
(2010): Kinderalltag – Kinderwelten, 102–122; Liebig, Brigitte/Nentwig-Gesemann,
Iris: Gruppendiskussion. In: Kühl, Stefan/Strodtholz, Petra/Taffertshofer, Andreas
(2009): Handbuch Methoden der Organisationsforschung, 102–123; Lamnek, Siegfried
(22005): Gruppendiskussion. Theorie und Praxis. Weinheim: Beltz; Loos, Peter/Schäffer,
Burkhard (2001): Das Gruppendiskussionsverfahren. Theoretische Grundlagen und
empirische Anwendung. Opladen: Leske + Budrich; Bohnsack, Ralf/Przyborski, Aglaja/
Schäffer, Burkhard (22010): Das Gruppendiskussionsverfahren in der Forschungspraxis.
Opladen/Farmington Hills: Barbara Budrich [2006]; Dreher, Michael/Dreher, Eva (2013):
Gruppendiskussionsverfahren. In: Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/Keupp, Heiner/von
Rosenstiel, Lutz/Wolff, Stephan (Hg.): Handbuch qualitative Sozialforschung: Grund-
lagen, Konzepte, Methoden und Anwendungen. München: Psychologie Verlags Union,
186–188.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279