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1.3.1 Von den Kindern initiierte Gruppendiskussionen
Der Vorteil der Gruppendiskussionen, die von den Kindern selbst begonnen werden,
ist besonders derjenige, dass die Redebeiträge der Kinder nicht durch Fragen oder
Impulse der Forschenden beeinflusst werden. Da die Fragen und die Art, wie die for-
schende Person Fragen stellt, die Antworten der Kinder beeinflussen, wird bei den
Gruppendiskussionen, bei denen die forschende Person ausschließlich beobachtend
anwesend ist, die Beeinflussung der Kinder reduziert. Mögliche unbewusste Inten-
tionen und Antwortwünsche der forschenden Person, der die Kinder bei geführten
Gruppendiskussionen möglicherweise zu entsprechen versuchen, spielen bei von den
Kindern initiierten Gruppendiskussionen keine Rolle.538 Da die forschende Person bei
diesen Gruppendiskussionen nicht aktiv handelt, sondern ausschließlich eine beobach-
tende Rolle innehat, dokumentiert diese die stattfindenden Diskussionen zur selben
Zeit und ergänzt die Rahmenbedingungen unmittelbar nach dem Ende der Diskussion.
1.3.2 Von der Forscherin initiierte Gruppendiskussionen
Wird anhand der Informationen aus den Expertinnen- und Experteninterviews, der
Teilnehmenden Beobachtung und den von den Kindern selbst initiierten Gruppendis-
kussionen keine theoretische Sättigung erreicht, was anhand fortwährender Transkrip-
tion und Kodierung festgestellt wird, werden mit Hilfe der Teilnehmenden Beobach-
tung Situationen identifiziert, in denen im jeweiligen Kindergarten religiöse Differenz
für Kinder erkennbar werden könnte, und diese als Gesprächsanlässe für die Gruppen-
diskussionen mit den Kindern ausgewählt.
Bei von der Forscherin initiierten Gruppendiskussionen werden die Kinder gefragt,
ob sie daran teilnehmen möchten, und es wird ausschließlich bei ausdrücklicher Beja-
hung eine Diskussion mit ihnen angeleitet. Die Diskussionen finden in den Kindern
vertrauten Räumen im Kindergarten und in Realgruppen mit jeweils zwei bis vier
Kindern statt,539 wobei die Zusammensetzung der Gruppe mit der Kindergartenpä-
dagogin zuvor abgesprochen wird. Die Anzahl der Gespräche hängt von zeitlichen
und räumlichen Ressourcen im Kindergartenalltag ab, da die Forscherin versucht, den
Tagesablauf im Kindergarten so wenig wie möglich zu beeinflussen.
Vor Beginn der Gruppendiskussionen wird den Kindern das Audiogerät gezeigt
und gesagt: „Das Gerät nimmt auf, was ihr sagt, damit ich es auch später noch weiß.“
Sie werden gefragt, ob es in Ordnung ist, wenn das Gerät eingeschaltet wird und das
Gesagte aufgenommen wird. Wenn Kinder noch kein Audiogerät kennen und mehr
über das Gerät wissen wollen, können sie zu Beginn etwas sagen oder singen und
sich das Aufgenommene anhören, bevor die Gruppendiskussion mit dem eigentlichen
Thema eröffnet wird.
538 Da die Forscherin bei dem Gespräch der Kinder anwesend ist, kann nicht davon ausge-
gangen werden, dass die Kinder vollkommen unbeeinflusst sind.
539 Vgl. Kapitel „Gruppendiskussion“ (Teil III, 6.2).
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279