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244 auf die Fragen achten müssen, die dabei für das Kind selbst aufbrechen können. Wenn
Kinder wissen wollen, warum manche Kinder an Allah glauben, so schließt dies auch
die Frage nach dem Glauben der eigenen Familie ein: ‚Und was sind wir? Was glauben
wir?‘“972
Bereit zu sein, sich mit der eigenen religiösen Vorstellung und der anderer auseinan-
derzusetzen, ist die Voraussetzung, anderen im Dialog ehrlich zu begegnen, Konflikte
zu thematisieren und Verständnis zu zeigen. Lernprozesse sind „bereits in ihrer Grund-
struktur dialogisch interpretativ angelegt.“973 Differenz der religiösen Einstellungen
leistet somit einen wesentlichen Beitrag, eigene religiöse Vorstellungen zu bilden.
Religiöses Lernen darf „dem Plural nicht ausweichen oder ihn gar bekämpfen, son-
dern muß ihn zum Thema machen.“974
3. Rückblick – Ausblick
3.1 Blick auf Kinder
Die anfängliche Motivation für die Arbeit, den Blick der Kinder auf religiöse Diffe-
renz verstärkt in die Forschung einzubeziehen, ist auch am Ende der Forschung noch
aktuell. Kinder haben eine eigene Stimme, die es in der Forschung, sofern die Kin-
der dies möchten, zu hören gilt. Um die Meinungen der Kinder und das, was Kinder
tatsächlich betrifft und interessiert, methodisch kontrolliert wahrzunehmen, erfolgte
eine Auseinandersetzung mit methodischen Möglichkeiten der Kindheitsforschung.
Aufgrund des ethnographischen Zugangs und der diesem Zugang impliziten Haltung
der Offenheit wurde schrittweise ersichtlich, welche Methoden sinnvoll erschienen,
um Einblick in die Perspektive der Kinder zu erlangen. Diese methodische Vielfalt
ermöglichte es, einen Einblick zu erhalten, wie Kinder unabhängig von Impulsen
einer erwachsenen Person religiöse Differenz thematisieren. Die Kinder, die religiöse
Differenz erkennen, haben teilweise keine Erklärung dafür und ordnen ihr Verhalten
sowie ihre Thematisierung ihrer Religion dem Wunsch nach Zugehörigkeit unter, was
durch den ethnographischen Zugang der Studie und den methodisch vielfältigen Blick
auf die Kinder deutlich wurde. Insbesondere der ethnographische Zugang ermöglichte
es, die Kinder in ihrer jeweiligen Lebenswelt wahrzunehmen und Erkenntnisse zu
gewinnen, die mit einer punktuell verankerten Datenerhebung nicht möglich gewesen
wären. Auch der Blick auf die Organisation, der sich im Laufe der Forschung heraus-
kristallisierte, ist der ethnographischen Zugangsweise verbunden mit den Grundlagen
der Grounded Theory und des Thematischen Kodierens zu verdanken.
972 Schweitzer, Friedrich (2013): Das Recht des Kindes auf Religion, 71.
973 Ziebertz, Hans-Georg (1999): Religion, Christentum und Moderne. Veränderte Religions-
präsenz als Herausforderung. Stuttgart: Kohlhammer, 82.
974 Ebd.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279