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Muslima nicht. Thematisiert werden eigene Feste oder eigene religiöse Praktiken wie
beispielsweise das Fasten, das einige Kinder auch gerne tun würden. Sie interessieren
sich, wie Feste anderer Religionen gefeiert werden, wobei sie die christliche Pädago-
gin danach fragen und teilweise die christlichen Feste mit Begriffen von islamischen
Festen verbinden. Sie erzählen von der Moschee im Kindergarten und unterhalten sich
über den Koranunterricht oder fragen die Pädagogin, wer am jeweiligen Tag am Kora-
nunterricht teilnehmen dürfe. Die Nationalität und die Religion der Kinder werden
bei deren Gesprächen teilweise vermischt. Vor dem Besuch der Moschee führen die
Kinder selbstständig die Gebetswaschungen durch, wobei zwei Kinder die Kontrolle
über die richtige Reihenfolge der Gebetswaschungen übernehmen. Die beiden kont-
rollierenden Kinder sprechen in strengem Ton mit den Kindern und befehlen ihnen,
wie sie die Gebetswaschungen auszuführen hätten.
Die christlichen Kinder in der Gruppe erwähnen ohne vorangegangenen Impuls
weder Feiern noch religiöse Einstellungen oder Praktiken.
3.3 Gruppendiskussionen mit den Kindern
Im Folgenden werden diejenigen Gruppendiskussionen beschrieben, die sich aus
Gesprächen der Kinder ergaben oder durch einen Impuls beziehungsweise eine Frage
der Forscherin initiiert wurden. Da in einem Kindergarten anders als in der Schule
kein klar strukturierter Tagesablauf vorgezeichnet ist, waren die Rahmenbedingungen
für die Gruppendiskussionen je nach Tag und Gruppe unterschiedlich. Die jeweili-
gen Gruppendiskussionen dauerten nicht länger als zwanzig Minuten. Die Konzen-
tration der Kinder variierte je nach Thema, Uhrzeit und Gruppenzusammensetzung.
Die Kinder waren sehr an dem von ihnen Gesprochenen, das aufgenommen wurde,
interessiert, besonders bei den ersten Diskussionen hatten die Kinder die Möglichkeit,
sich mit dem Audiogerät auseinanderzusetzen und Teile des von ihnen Gesagten anzu-
hören. Alle Gruppendiskussionen fanden in einer angenehmen Atmosphäre statt, die
Kinder waren gut gelaunt, fröhlich und hatten Spaß an den Gruppendiskussionen. Dies
zeigte sich auch, indem sie in der restlichen Gruppe davon erzählten, weshalb viele
Kinder mit mir Gespräche führen wollten. Die Kinder hatten Freude an den Grup-
pendiskussionen, was in folgendem Eintrag im Forschungstagebuch zum Ausdruck
kommt:
„Die zwei Buben erzählten im Nachhinein begeistert in der Gruppe von dem Gespräch,
was zur Folge hatte, dass viele Kinder mit mir mitkommen wollten, was allerdings
aufgrund des bevorstehenden Mittagessens nicht mehr möglich war.“615
Die einzelnen Gruppendiskussionen werden in diesem Kapitel überblicksmäßig
beschrieben, wobei die Teilnehmenden, die Rahmenbedingungen und – falls die Dis-
615 Forschungstagebuch im Kindergarten in katholischer Trägerschaft, Eintrag 17. Oktober
2014.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279