Seite - 181 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
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religiösen Ausdrucksformen und stellen Fragen über andere Religionen, wohingegen
die muslimischen Kinder im Kindergarten in katholischer Trägerschaft ihre eigene
Religion oder religiösen Ausdrucksformen nicht erwähnen und im Kindergarten keine
Fragen über andere Religionen stellen. Kinder der kleineren Religionen im Kinder-
garten in katholischer Trägerschaft unterscheiden sich in ihrem Verhalten nicht von
Kindern der größeren Religion, so werden dieselben Gebete gesprochen, dieselben
Feste gefeiert und es wird an den religiösen Angeboten teilgenommen, es sei denn
die Eltern der Kinder entscheiden, dass sie bei bestimmten Festen nicht teilnehmen
dürfen. Der Wunsch nach Zugehörigkeit der Kinder der kleineren Religionen wird
darin erkennbar, dass diese Differenz nicht offenlegen: So thematisieren sie nicht, dass
sie bei Festen nicht anwesend gewesen sind und wenn sie von Kindern der größeren
Religion darauf angesprochen werden, bestreiten sie, abwesend gewesen zu sein.659
Ihre eigene Religionszugehörigkeit oder religiösen Ausdrucksformen werden von den
Kindern der kleineren Religionen nicht thematisiert, auch wenn die Pädagogin sie
darauf anspricht.660 Die selbstverständliche Zugehörigkeit der Kinder der größeren
Religion zeigt sich, indem sie Verhaltensweisen, die sich von anderen unterscheiden,
offenlegen661 und, indem sie Fragen an die Kinder stellen, die bei bestimmten Aktivitä-
ten nicht teilgenommen haben und diese beschuldigen, gefehlt zu haben.662 Zwischen
dem Zugehörigkeitsstreben der Kinder der kleineren Religionen beziehungsweise
der selbstverständlichen Zugehörigkeit der Kinder der größeren Religionen und der
Kommunikation und dem Verhalten der Kinder zeigen sich Zusammenhänge.
4.3 Zusammenschau der beiden Kernkategorien
Zusammenhang zwischen Dominanz der größeren Religion
und Zugehörigkeitsstreben der Kinder
Im letzten Schritt der Auswertung werden mögliche Zusammenhänge zwischen den
beiden Kernkategorien „Dominanz der größeren Religion – wenig Anerkennung der
kleineren Religionen“ und „Zugehörigkeitsstreben – Selbstverständliche Zugehörig-
keit“ dargestellt.
In beiden Kindergärten zeigt sich bei den Kindern eine unterschiedliche Dyna-
mik in der Thematisierung von Religion und religiöser Differenz. Im Kindergarten
in islamischer Trägerschaft wird die von den Kindern ausgehende Dynamik in der
Thematisierung von Religion und religiöser Differenz nicht genutzt, wohingegen im
Kindergarten in katholischer Trägerschaft von den Kindern keine Dynamik in der
659 Vgl. Kapitel „Frage der Zugehörigkeit“ (Teil V, 4.2.2).
660 Vgl. ebd.
661 Vgl. Abschnitt „Offenlegung von Differenz“ im Kapitel „Frage der Zugehörigkeit“ (Teil
V, 4.2.2).
662 Vgl. Abschnitt „Anfragen an bei Festen abwesende Kinder“ im Kapitel „Frage der Zuge-
hörigkeit“ (Teil V, 4.2.2).
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279