Seite - 136 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
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den sein und der Kindergarten solle für die Eltern als „Brücke“607 dienen, Angst vor
der österreichischen Gesellschaft ab- und Vertrauen aufzubauen. Kinder und Eltern
benötigten Zeit, um diese Brücke aufzubauen, da sie aus „verschiedenen Schichten
der Gesellschaft“608 aus ihren Heimatländern kommen, weshalb im Kindergarten die
„österreichische Kultur mit bestimmtem Ausmaß, ganz bewusst“609 vermittelt werde.
Der Kindergarten wolle nicht missionieren, sondern die Kinder sollten lernen, richtig
miteinander umzugehen.
3.2 Teilnehmende Beobachtung (mit Blick auf religiöse Differenz)
Die Teilnehmende Beobachtung fand während des Kindergartenjahres 2013/2014
kontinuierlich in beiden Kindergärten statt. Phasen intensiver Teilnehmender Beob-
achtung wechselten mit Phasen erster Auswertungen sowie Literaturstudiums, um die
wissenschaftliche Distanz zu gewährleisten.610 Die Forscherin lernte die Kinder sowie
den Kindergartenalltag anhand der Teilnehmenden Beobachtung kennen und konnte
aufgrund kontinuierlichen Kodierens und Kategorisierens die Notwendigkeit für den
Einsatz von weiteren Methoden abwägen. Die sich auf die Forschungsfrage beziehen-
den wichtigsten Beobachtungen werden nun kurz dargestellt.
3.2.1 Kindergarten in katholischer Trägerschaft
Blick auf Kindergartenalltag: Katholische Feste werden von den Pädagoginnen und
der Leitung vorbereitet und es werden gemeinsam mit den Kindern Lieder und Rollen-
spiele einstudiert. Zu einigen Festen werden die Eltern eingeladen, die beim Fest eine
ausschließlich beobachtende Rolle einnehmen. In der Zeit des Opferfestes wird eine
Muslima eingeladen, die mit Hilfe von Figuren aus Papier die Geschichte der Opfe-
rung erzählt und den Kindern Süßigkeiten schenkt. Die Kinder hören konzentriert zu.
Ein Kind fragt, ob diese Geschichte „in echt“611 passiert sei, was die muslimische Frau
bejaht, woraufhin einige Kinder erstaunte Laute von sich geben.
Konflikte aufgrund von religiöser Differenz werden nicht gemeinsam besprochen,
sondern mit Verweis auf die Trägerschaft des Kindergartens beendet. So beschwert
sich eine Mutter, dass ihr Kind im Kindergarten ein Kreuzzeichen mache, woraufhin
die Pädagogin meint, dass dies in einem „katholischen Kindergarten“612 üblich sei und
es andere Kindergärten gebe, wo dieses Zeichen nicht verwendet werde. Die Pädago-
607 Ebd., 93f.
608 Ebd., 92.
609 Ebd., 90f.
610 Vgl. Przyborski, Aglaja/Wohlrab-Sahr, Monika (2014): Qualitative Sozialforschung, 47.
611 Forschungstagebuch im Kindergarten in katholischer Trägerschaft, 120.
612 Ebd., 86.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279