Seite - 149 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
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ein Geschenk oder ihnen werde angedroht, keines zu bekommen, wenn sie nicht
brav seien. Die muslimische Pädagogin erzählt von muslimischen Eltern, die ihren
Kindern sagten, dass es keinen Weihnachtsmann und keinen Osterhasen gebe, an
die die christlichen Kinder glaubten. Die muslimische Pädagogin vergleicht dies mit
dem Glauben an die Zahnfee, was für die Fantasie vielleicht gut sei, der Wahrheit
aber nicht entspreche. Die christliche Pädagogin mischt sich ein, dass es auch keinen
Weihnachtsmann und keinen Osterhasen, sondern das Christkind gebe. Im Gespräch
mit Kindern vergleiche sie Mohammed im Islam mit Jesus im Christentum und führe
die Geburt Jesu als Grund für die Feier von Weihnachten an.
Das Zuckerfest, das Opferfest, der Muttertag, der Geburtstag jedes Kindes und
ein Sommerfest, der Fasching und Feste nach einem Projektabschluss würden im
Kindergartenjahr gefeiert. Vatertag würde nicht gefeiert, weil die Pädagoginnen nicht
nur mit den Vätern feiern wollten, aber Geschenke würden sowohl für den Vater- als
auch den Muttertag vorbereitet. Je nach Fest werde dieses vom gesamten Kindergarten
oder in der Gruppe gefeiert. Fasching werde nicht zeitgleich gefeiert, sondern etwas
später und werde wegen der Eltern Verkleidungsfest genannt. Da dieses Fest den Kin-
dern großen Spaß mache, wäre es schade, wenn dieses Fest nicht gefeiert würde. Bei
muslimischen Festen wie dem Opferfest würden auch die christlichen Kinder und zu
Weihnachten oder Ostern auch die muslimischen Kinder beschenkt. Zu Ostern bekä-
men die christlichen Kinder beispielsweise einen Schokohasen und die muslimischen
Kinder Schokolade, weil manche muslimische Eltern nicht wollten, dass die Kinder
einen Hasen bekämen, weil es kein islamisches Fest sei. Es werde darauf geachtet, die
christliche Religion mit den christlichen Kindern zu besprechen und ihnen Geschenke
zu überreichen. Die christlichen Kinder würden von allen akzeptiert. Im Kindergarten
würden alle Religionen respektiert und toleriert, was sich von einigen islamischen
Kindergärten unterscheide, in denen Kinder manchmal keinen Tannenbaum zeichnen
dürften. Kinder sollten in das Land integriert werden und beispielsweise auch den
Grund für die weihnachtliche Dekoration wissen. Für das Opferfest, bei dem der Kin-
dergarten auch geschlossen sei, werde mit den Kindern ein Geschenk für die Eltern
vorbereitet und die Eltern würden eingeladen. Religion bedeute viel im Kindergarten
und nehme einen großen Platz ein.
Die Pädagoginnen sind sich einig, bezogen auf Religion und religiöse Vielfalt
keine Unterstützung zu benötigen, betonen aber die Bedeutung der gegenseitigen
Unterstützung der in der Kindergartengruppe tätigen Personen im Kindergartenalltag.
4. Datenauswertung
Im Folgenden werden die Kategorien dargestellt, die sich ausgehend von den Daten
herauskristallisierten. Die erhobenen Daten wurden zuerst offen kodiert, wobei die
Vorgehensweise des offenen Kodierens anhand eines kurzen Beispiels demonstriert
wird, bevor die Ergebnisse des axialen und des selektiven Kodierens dargestellt wer-
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279