Seite - 183 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
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Teil VI: Diskussion
„Der empirische Ansatz ist auf das Beschreiben und Erklären der hermeneutisch-
kommunikativen Praxis, so wie diese tatsächlich verläuft, gerichtet […]. Im Zusam-
menhang damit ist er aber auch auf das Untersuchen und Verändern dieser Praxis
durch das Verlegen ihrer Grenzen in Richtung der […] normativen und eschatolo-
gischen Perspektive orientiert […]. Die empirischen Untersuchungsergebnisse, die
daraus erwachsen, müssen schließlich im Licht der hermeneutisch-kommunikativen
Praxis evaluiert werden […].“667
In der Zusammenschau der beiden Kernkategorien zeigen sich mögliche Zusammen-
hänge: Die Organisation Kindergarten mit der jeweiligen Organisationskultur und der
Wunsch der Kinder nach Zugehörigkeit, der sich im Umgang mit und in der Thema-
tisierung von religiöser Differenz durch die Kinder ausdrückt, scheinen zusammen-
zuhängen, was auf eine entsprechende Bedeutung der Organisation schließen lässt.
„Erziehungswissenschaft und Soziologie sowie die Bildungsforschung generell beob-
achten Bildungsprozesse auf verschiedenen Ebenen: auf der Makroebene der Gesell-
schaft, auf der Mesoebene der Organisationen, und auf der Mikroebene der Interaktio-
nen […].“668 Doch die Ebene der Organisation des Kindergartens und dessen Einfluss
ist in keiner der bisherigen Studien zu religiöser Differenz im Bereich der Elementar-
pädagogik näher in Betracht gezogen worden.669 Der Blick der im Forschungsstand
skizzierten Untersuchungen gilt einerseits den Aussagen der Kinder oder der Päda-
goginnen und Pädagogen (Mikroebene) und dem weiteren Umfeld der Gesellschaft
(Makroebene). Daher wird in den folgenden Ausführungen die Organisation (Meso-
ebene), die neben den Akteurinnen und Akteuren im Kindergarten sowie der Gesell-
schaft ein wesentlicher Faktor für den Umgang mit religiöser Differenz ist und die mit
der Mikro- und der Makroebene untrennbar verwoben ist, anhand der Forschungser-
gebnisse näher beleuchtet.
1. Der Kindergarten als Organisation
Dem im Folgenden verwendeten Begriff der Organisation liegt der institutionelle
Organisationsbegriff zugrunde, welcher den Blick auf das gesamte System lenkt.
„Der institutionelle Organisationsbegriff gibt nicht nur den Blick frei für die organisa-
torische Strukturierung, die formale Ordnung, sondern für das ganze soziale Gebilde,
667 Ven, Johannes A. van der (21994): Entwurf einer empirischen Theologie. Kampen: Kok
[1990], 89f.
668 Brüsemeister, Thomas (2008): Bildungssoziologie. Einführung in Perspektiven und
Probleme. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 11.
669 Vgl. Teil II „Forschungsstand“.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279