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In qualitativer Forschung wird nach Regeln gesucht, die dem sozialen Handeln zu
Grunde liegen. „Das Ziel einer ‚qualitativen‘ Soziologie oder Ethnologie […] ist es
also nicht, menschliches Handeln unter irgendwelche Gesetze zu ordnen, sondern
nach jenen Regeln zu suchen, die das soziale Handeln bestimmen.“387 Dies deckt sich
mit dem Anliegen der religionspädagogisch orientierten qualitativen Forschung. Diese
„will ganz nahe an die Subjekte, die Kinder, Jugendlichen, Frauen und Männer her-
ankommen, sie selbst zu Wort kommen lassen, ihnen nicht Kategorien von außen auf-
drängen, sondern zuhören, auf ihre Geschichten, Erfahrungsberichte, Wahrnehmungen,
Interpretationen, Bilder etc. achten, um so ihre subjektiven Zugänge zur Wirklichkeit
und Religion zu verstehen.“388
1.2 Datenerhebung
Bei der Feldforschung ist es vor dem Gang in das Feld notwendig, sich mit den Bedin-
gungen des Forschungsfeldes vertraut zu machen, sowie sich mit der eigenen Rolle als
forschende Person in diesem Forschungsfeld auseinanderzusetzen.
„Vor der Erhebung im engeren Sinne gilt es, sich mit den Bedingungen des For-
schungsfeldes vertraut zu machen. Die Felderschließung – d. h. die Reflexion über
die Bedingungen des Forschungsfeldes und über dessen Ausdehnung – kann unter
Umständen den gesamten Forschungsprozess begleiten.“389
Oftmals kann nicht vor Beginn der Forschung geklärt werden, wer zum Feld gehört,
weshalb das Forschungsfeld im Lauf der Forschung teilweise erweitert und neu
bestimmt wird.390 In der Rolle der Forscherin oder des Forschers hat die forschende
Person eine für das jeweilige Forschungsfeld adäquate Balance von Distanz und
Involviertheit herzustellen.
„So wie es am Anfang darum geht, Distanz zu überwinden und Vertrauen herzustellen,
geht es im Verlauf und am Ende der Forschung vielleicht in sehr viel stärkerem Maße
darum, Distanz zu schaffen und Involviertheit zu vermindern. Man wird zweifellos
bei jeder Art der Forschung seinen eigenen Weg zwischen beobachtender Distanz und
empathischer Nähe suchen müssen.“391
Die forschende Person nimmt während des gesamten Prozesses im Forschungsfeld die
soziale Rolle der Forscherin oder des Forschers ein, die oder „der das Feld irgendwann
387 Girtler, Roland (1992): Methoden der qualitativen Sozialforschung, 35.
388 Boschki, Reinhold (2007): Der phänomenologische Blick. In: Boschki, Reinhold/Grono-
ver, Matthias (Hg.): Junge Wissenschaftstheorie der Religionspädagogik, 25–47, 42.
389 Vgl. Przyborski, Aglaja/Wohlrab-Sahr, Monika (2014): Qualitative Sozialforschung, 40.
390 Vgl. ebd., 42.
391 Vgl. ebd., 45.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279