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Einstellungen ermittelt werden.501 Meinungen und Einstellungen unterliegen den
Schwankungen des Affektlebens, weshalb viele der nicht geäußerten Meinungen und
Einstellungen auf psychische Sperren zurückgeführt und Rationalisierungen aufge-
spürt werden können.
Die von Bohnsack ausformulierten Prinzipien der Leitung von Gruppendis-
kussionen unterstützen die Durchführung der Gruppendiskussionen nach einem
methodologischen Grundprinzip. Die in Gruppendiskussionen gestellten Fragen sind
an die gesamte Gruppe zu richten, ausschließlich Themen und keine Propositionen
sollen vorgegeben werden und es soll nicht in die Redebeiträge eingegriffen werden.
Fragen sind bewusst vage zu halten und so zu stellen, dass detaillierte Darstellungen
generiert werden. Dem immanenten Nachfragen, das auf bereits gegebene Themen
Bezug nimmt, folgen die Phase des exmanenten Nachfragens, indem nach dem Höhe-
punkt der Diskussion für die Forschung relevante Fragen eingebracht werden und
die direktive Phase, in der an widersprüchliche oder auffällige Passagen angeknüpft
werden kann.502 Es gibt verschiedene Formen der Leitung, die formale Leitung, die
thematische Steuerung und die Steuerung der Dynamik.503 Bei der formalen Leitung
wird eine Liste der Rednerinnen und Redner geführt sowie der Beginn, der Ablauf und
das Ende des Gesprächs festgelegt. Werden zusätzlich neue Fragen eingeführt und die
Diskussion gelenkt, handelt es sich um eine Thematische Steuerung. Bei der Steuerung
der Dynamik erstreckt sich die Interaktion auch auf das „Ankurbeln des Gesprächs“,
indem provokative Fragen gestellt werden, polarisiert wird und zurückhaltende Dis-
kussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer gezielt angesprochen werden.504
6.3 Gruppendiskussionsverfahren in der Kindheitsforschung
Gruppendiskussionsverfahren gelten als geeignete Verfahren, „Kinder in ihren all-
tagskulturellen Praktiken“505 kennenzulernen. Sie ermöglichen zu erkunden, wie der
„Herstellungsprozess sozialer Wirklichkeit durch Kinder beschaffen ist und welche
tieferliegenden Seinsbedingungen bzw. Erfahrungszusammenhänge zur Ausprägung
spezifischer handlungsleitender Strukturen führen.“506 Nentwig-Gesemann konnte
herausarbeiten,
501 Vgl. Bock, Karin (2010): Kinderalltag – Kinderwelten, 103.
502 Vgl. Bohnsack, Ralf: (2012) Gruppendiskussionen. In: Flick, Uwe/von Kardorff, Ernst/
Steinke, Ines: Qualitative Forschung. Ein Handbuch, 369–384, 380–382.
503 Beschrieben u. a. bei Flick, Uwe (2011): Qualitative Sozialforschung, 254.
504 Vgl. Flick, Uwe (2011): Qualitative Sozialforschung, 254.
505 Nentwig-Gesemann, Iris (2002): Gruppendiskussionen mit Kindern. Die dokumentari-
sche Interpretation von Spielpraxis und Diskursorganisation. Zeitschrift für qualitative
Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung 3(1), 41–63, 41.
506 Nentwig-Gesemann (2007): Sprach- und Körperdiskurse von Kindern – Verstehen und
Verständigung zwischen Textförmigkeit und Ikonizität. In: Friebertshäuser, Barbara/von
Felden, Heide/Schäffer, Burkhard (Hg.): Bild und Text. Methoden und Methodologien
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279