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Gemeinschaft und 15 Prozent machten konfessionsgebundene Bemerkungen über die
„andere Seite“.236
Im Forschungsprojekt „Children and the conflict in Northern Ireland“ verwende-
ten Connolly und Healy ethnographische Methoden, um die Perspektive der Kinder
besser zu verstehen und die Beziehung dieser sozialen Kontexte zu untersuchen, und
sie fokussierten sich auf drei Altersgruppen: Drei- bis Vier-, Sieben- bis Acht- und
Zehn- bis Elfjährige.237 Sie untersuchten protestantische und katholische Kinder
zweier benachbarter Gegenden, die soziale und ökonomische Entbehrung sowie ein
hohes Level an konfessionsgebundener Spannung und sporadischer Gewalt aufwiesen.
Drei- bis vierjährige Kinder entwickelten ein Bewusstsein von verschiedenen Men-
schen und deren Rollen sowie von bestimmten Ereignissen, Objekten und Symbolen,
die sie sahen. In diesem Alter scheint das Bewusstsein der Kinder auf unmittelbare
Erlebnisse bezogen zu sein, die sie durch genaue Beobachtung, Rollenspiele und
erneutes Hören zu verstehen suchen.238 Bei einigen Rollenspielen der Kinder wurde
die Spannung zwischen den beiden Gebieten thematisiert, aber es handelte sich um
isolierte Ereignisse. Der Konflikt und die damit assoziierten Trennungen bestimmten
das tägliche Spiel der Kinder nicht bedeutend.239 „Overall, however, these tended to
be relatively isolated incidents. Observing the children over an extended period of
time made it clear that the conflict and the divisions associated with it did not tend to
figure prominently in their day-to-day play.“240 Um zu verstehen, ob Kinder sich der
Ereignisse und Symbole nicht bewusst sind oder ob sie diese nicht als wichtig erach-
ten, wurde jedes Kind gegen Ende der Feldstudie interviewt, indem Items gezeigt
wurden und es zu diesen befragt wurde. Diese Interviews bestärkten die These, dass
Kinder Erfahrungen mit den einzelnen Items hatten und ihnen diese bekannt waren,
manche starke Meinungen diesbezüglich hatten, aber diese keine wichtige Rolle in
ihrem derzeitigen Leben spielten. Die Einstellungen und die Präferenzen der drei- bis
vierjährigen Kinder wurden bei sieben- und achtjährigen Kindern klarer festgelegt
und kommuniziert und ein Bewusstsein über die kulturelle und politische Bedeutung,
beispielsweise der Fußballteams, war vorhanden. Die Präferenz bestimmter Ereignisse
und Symbole, die mit der eigenen Gemeinschaft assoziiert werden, bilden die Basis,
auf welcher manche Kinder negative Einstellungen und Vorurteile über die andere
Gemeinschaft ausbilden.241 „The general preferences they have already internalised
towards particular cultural events and symbols now provide the lens through which
they come to identify, make sense of and organise a wide range of new experiences.“242
Auch wenn sie einzelne Begriffe und Symbole nur teilweise verstehen, schützt dies
236 Connolly, Paul (2009): Developing programmes, 14.
237 Connolly, Paul/Healy, July (2004): Children and the conflict in Northern Ireland.
238 Connolly, Paul (2009): Developing programmes, 15.
239 Vgl. ebd., 16.
240 Ebd.
241 Connolly, Paul/Healy, July (2004): Children and the conflict in Northern Ireland, 104f.
242 Ebd., 48.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279