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lichkeit nehmen zu.283 Kinder im Vorschul- und frühen Grundschulalter suchen beim
Vergleich die Ähnlichkeit mit anderen und freuen sich über Gemeinsamkeiten. Der
soziale Vergleich dient in der Entwicklung einerseits der Bestimmung, wie man sich
verhalten soll, und andererseits der Bestimmung, wie gut man bei einer bestimmten
Aufgabenklasse ist. „As early as age 4 or 5, children are beginning to recognize dif-
ferences among themselves and their classmates as they use social comparison infor-
mation to tell them whether they perform better or worse in various domains than
their peers […].“284 Vorschulkinder beziehen kognitive Aktivität auf konkrete Inhalte
und Erlebnisse. Kinder im frühen Grundschulalter beginnen Personen überdauernde
psychologische Merkmale zuzuschreiben und deren Handeln nicht mehr nur vor dem
Hintergrund augenblicklicher Wünsche, Absichten und Informationen zu interpretie-
ren.285 Das Konzept der Überzeugung scheinen Kinder etwa zwischen drei und vier
Jahren zu erlernen.286 Der Standpunkt anderer beginnt ansatzweise bereits mit drei
Jahren selbstleitend wirksam zu werden, ab vier Jahren wird das Verständnis für
andere Überzeugungen, die sich von den eigenen unterscheiden, weiter ausgebaut. Im
Alter von fünf Jahren entwickeln Kinder das Verständnis bestimmter Emotionen wie
Überraschung und Freude.287 Im Alter von vier, fünf Jahren können Kinder aus den
Körperbewegungen richtig schließen, ob eine Person glücklich, wütend oder traurig
ist.288 Menschen, die einander ähnlich sind, sehen eher Positives bei ihrem Gegenüber,
wohingegen Menschen, die einander fremd sind, eher Negatives wahrnehmen.289 Im
Vorschulalter sind Kinder fähig, auf Wünsche anderer einzugehen und oftmals bereit,
die Spielsachen mit anderen zu teilen, wobei sich beträchtliche individuelle Unter-
schiede zeigen.290 In mehreren Studien zeigte sich, dass „Konflikte unter Freunden
vielfach beziehungsdienlicher gelöst werden als unter ‚Nicht-Freunden‘“.291 Kinder,
die es schaffen, sich an eine Gruppe anzupassen, sind beliebt.292
283 Dunn, Judy (1988): The Beginnings of Social Understanding. Oxford: Basil Blackwell,
136–147.
284 Shaffer, David R./Kipp, Katherine (92014): Developmental Psychology. Childhood and
Adolescence. International Edition. Belmont: Wadsworth, 425.
285 Vgl. ebd., 445.
286 Oerter, Rolf/Montada, Leo (Hg.) (2008): Entwicklungspsychologie, 461.
287 Hadwin, Julie/Perner, Josef (1991): Pleased and surprised: Children’s cognitive theory of
emotion. In: British Journal of Developmental Psychology 9(2), 215–234.
288 Shaffer, David R./Kipp, Katherine (92014): Developmental Psychology, 379.
289 Vgl. Forgas, Joseph P. (1995): Mood and judgment: The affect infusion model (AIM).
Psychological Bulletin 117(1), 39–66.
290 Vgl. Schneider, Wolfgang/Lindenberger, Ulman (2012): Entwicklungspsychologie, 207.
291 Ebd., 208.
292 Puttalaz, Martha/Gottman, John M. (1981): An interactional model of children’s entry
into peergroups. Child development 52, 986–994.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279