Seite - 78 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
Bild der Seite - 78 -
Text der Seite - 78 -
© Waxmann Verlag GmbH. Nur für den privaten Gebrauch.
78
their categories of children when undertaking research as well as when planning and
implementing interventions.“344
Es wäre eine Illusion zu glauben, sich von jeglichen Voreinstellungen vollkommen
distanzieren zu können, allerdings bedarf es des Bewusstseins, diesen zu unterliegen
und dies im Forschungsprozess mitzubedenken. Es gilt, „produktiv mit der Tatsache
umzugehen, dass jede Forscherin und jeder Forscher Vorwissen, Vorannahmen und
Vorurteile in seine Forschung einbringt. Es geht nun darum, diesen Vorgang nicht zu
verleugnen, sondern methodisch zu kontrollieren.“345
Methodisch lässt sich die vorhandene Hierarchie zwischen Erwachsenem und Kind
durch Gruppendiskussionen schwächen, in denen Kinder zahlenmäßig überwiegen,
allerdings beeinflussen sich die Kinder in ihren Antworten gegenseitig, weshalb dabei
kollektive und konjunktive Erfahrungen und Orientierungen zum Ausdruck kommen.
Die Ethnographische Feldforschung bemüht sich, bei den Kindern selbst bezüglich
ihrer eigenen Lebenswelt anzuknüpfen. Es werden Methoden wie die Teilnehmende
Beobachtung, die Dokumentenanalyse und Befragungen in der alltäglichen Umwelt
eingesetzt, um „die alltagskulturellen Praktiken der Kinder zu erfassen und die
subjektiven Bedeutungen der kindlichen Lebenswelten zu entschlüsseln.“346 Bei der
Teilnehmenden Beobachtung sind die Forscherinnen und Forscher am Geschehen mit-
beteiligt, gestalten dieses mit, beeinflussen auch das Handeln der Kinder und wählen
die beobachteten Situationen aus, weshalb ein Sachverhalt nicht neutral beschrieben
werden kann. Kinder haben ein Recht zu erfahren, was die Beobachtenden vorhaben
und wer diese sind. Ethnographische Beschreibungen werden häufig durch Videoauf-
zeichnungen ermöglicht. Anhand von Videobeobachtungen lässt sich das Performative
des Handelns von Kindern wie Körperlichkeit oder Theatralität berücksichtigen.347
Filmaufnahmen hängen von der Auswahl der Filmenden ab, wodurch eine Szene
ausschließlich aus der gewählten Perspektive sichtbar wird. Bei der Teilnehmenden
Beobachtung wird die Unterschiedlichkeit der Rollen von den an der Interaktion
Beteiligten anerkannt.
„Teilnahme im Rahmen Teilnehmender Beobachtung bedeutet damit, Teil der Kultur
zu werden. Der Forscher bleibt dennoch ein anderer als die anderen, eben ein akzep-
344 West, Andy/O’Kaine Claire/Hyder, Tina (2008): Diverse childhoods: Implications for
childcare, protection, participation and research practice. In: Leira, Arnlaug/Saraceno,
Chiara (Hg.): Childhood: Changing Contexts. Bingley: Emerald Group Publishing Limi-
ted, 268–292, 288.
345 Scholz, Gerold (2012): Teilnehmende Beobachtung. In: Heinzel, Friederike (Hg.):
Methoden der Kindheitsforschung, 116–134, 123.
346 Fuhs, Burkhard (2012): Kinder im qualitativen Interview. In: Heinzel, Friederike (Hg.):
Methoden der Kindheitsforschung, 80–103, 82.
347 Vgl. Heinzel, Friederike (2012): Qualitative Methoden der Kindheitsforschung. In: Hein-
zel, Friederike (Hg.): Methoden der Kindheitsforschung, 22–35, 29.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279